Die Koalitionsfreiheit betrifft sowohl das Recht Koalitionen zu bilden und ihr beizutreten (positive Koalitionsfreiheit) als auch das Recht einer Koalition nicht beizutreten oder aus einer bestehenden auszutreten (negative Koalitionsfreiheit). Alle Abreden, durch die in die positive oder negative Koalitionsfreiheit eingegriffen werden würde, wären unwirksam (§ 134 BGB).

Durch Art. 9 Abs. 3 GG wird nicht nur gewährleistet, dass es Koalitionen überhaupt gibt, sondern es wird zudem zu Gunsten einer einzelnen Gewerkschaft auch ihr Bestand gewährleistet (Bestandsschutz) sowie das Recht einer Koalition sich zu betätigen und Mitglieder zu werben (Betätigungsgarantie).

Das Versprechen einer "Mitarbeitertreueprämie" durch einen Arbeitgeber, sofern Arbeitnehmer eine verbindliche Kündigungsbestätigung ihrer bisherigen Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft vorweisen können, beeinträchtigt die kollektive Koalitionsbetätigungsfreiheit.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitgeber darf die Einstellung eines Arbeitnehmers nicht davon abhängig machen, dass er aus einer Gewerkschaft austritt oder ihr nicht beitritt. Die betroffene Gewerkschaft kann sich gegen einen solchen rechtswidrigen Angriff auf die positive Koalitionsfreiheit mit einer Unterlassungsklage wehren.[2]

Beabsichtigt ein verbandsangehöriger Arbeitgeber Auszubildende einzustellen, wenn sich diese bereit erklären, "für einen Ausbildungsplatz auf tarifliche Leistungen – z. B. einen Teil der Ausbildungsvergütung – zu verzichten", ohne sie vor Abschluss des Ausbildungsvertrags nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit befragt zu haben, so hat er damit nicht in unzulässiger Weise die Gewerkschaftszugehörigkeit zum Auswahlkriterium gemacht. Der Betriebsrat kann die Zustimmung zur Einstellung nicht mit Hinweis auf das Recht des Arbeitnehmers, Mitglied einer Gewerkschaft zu sein, verweigern. Durch diese Vereinbarung sollten auch gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer/Auszubildende veranlasst werden, Tarifansprüche nicht geltend zu machen. Kein Zustimmungsverweigerungsrecht stellt die untertarifliche Bezahlung dar. Nach Abschluss des Ausbildungsvertrags bleibt es zumindest den gewerkschaftlich organisierten Auszubildenden unbenommen, die ihnen zustehenden tariflichen Ansprüche, auf die nach § 4 Abs. 4 TVG nicht verzichtet werden kann, notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 TVG ist es nicht notwendig, dass die Einstellung ganz unterbleibt.[3]

Hinzuweisen ist hierbei darauf, dass die meisten kommunalen Arbeitgeberverbände in ihren Satzungen ihren ordentlichen Mitgliedern eine über- oder untertarifliche Vergütung verbieten, die gegenüber dem Mitglied mit einer Vertragsstrafe geahndet werden kann. Rechte des Arbeitnehmers lassen sich hieraus jedoch nicht ableiten.

Auch die Gewerkschaftsbeschäftigten haben das Recht, einen Arbeitnehmerverband zu bilden. Eine DGB-Gewerkschaft darf ihren Arbeitnehmern nicht mit dem Ausschluss und der Kündigung der Arbeitsverhältnisse für den Fall drohen, dass sie dem Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten beitreten sollten.[4] Allerdings sieht das BAG den VGB nicht als tariffähige Arbeitnehmerkoalition an und verweigert ihr die Teilnahme an Betriebsversammlungen.[5]

Im Falle von Betriebsübergängen bzw. der Ausgründung von Betrieben bzw. Betriebsteilen werden regelmäßig zwischen neuem und altem Arbeitgeber sowie dem Betriebs- bzw. Personalrat Überleitungsverträge (wenn eine Gewerkschaft die Vereinbarung mit unterschreibt sind es Überleitungstarifverträge) geschlossen, die oftmals die Verpflichtung des neuen Arbeitgebers enthalten, Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband zu werden und für die Dauer des Bestehens des Arbeitgebers zu bleiben. Ziel einer solchen Vereinbarung ist es, die kollektivrechtliche Fortgeltung der bisherigen Tarifverträge auf Grund der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dauerhaft zu gewährleisten. Dabei wird in den Verträgen vielfach fälschlicherweise nicht danach differenziert, ob es sich um eine ordentliche Mitgliedschaft oder nur um eine Gastmitgliedschaft (d. h. ohne Tarifbindung) handeln soll – eine Gastmitgliedschaft könnte eine Fortgeltung des Tarifrechts nicht gewährleisten. Die Verpflichtung Mitglied in einem Arbeitgeberverband zu werden, dürfte zulässig sein. Eine ausdrückliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur dauerhaften Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, egal ob sie in einem Überleitungsvertrag oder einem Überleitungstarifvertrag vereinbart wird, verstößt jedoch gegen die negative Koalitionsfreiheit und ist gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nichtig und Maßnahmen mit dem gleichen Ziel sind rechtswidrig.[6] Dies gilt ebenso für Abreden und sonstige Regelungen. Es kommt nicht darauf an, dass eine solche Verpflichtung freiwillig erfolgte. Durch eine solche Vereinbarung würde der Arbeitgeber seine grundrechtlich garantierte Freiheit verlieren, aus dem Verband auszutreten.

 
Praxis-Tipp

Die Verpflichtung eines Arbeitgebers in einem Überleitungs(tarif)vertrag dauerhaft Mitglied in...

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