Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Studiengebühren für duales Studium als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

1. Bei der Frage, ob eine Leistung eines Arbeitgebers zugunsten eines Arbeitnehmers Entgeltcharakter hat (hier: Studiengebühren für duales Studium), ist auch im Hinblick auf die mögliche Sozialversicherungspflicht von einem steuerrechtlichen Einkommensbegriff auszugehen. Dies gilt auch bereits vor Inkrafttreten der Sozialversicherungsentgeltverordnung.

2. Die von einem Unternehmen im Rahmen einer dualen Ausbildung übernommenen Studiengebühren für Studierende, die in einem Arbeits- und Ausbildungsverhältnis zum Unternehmen stehen, sind jedenfalls dann nicht als sozialversicherungspflichtiger Entgeltbestandteil anzusehen, wenn die Ausbildung an einer vom Unternehmen selbst gegründeten Hochschule erfolgt und diese Initiative der Fachkräftesicherung des Unternehmens dient. Denn insoweit liegt ein vorrangig eigenbetriebliches Interesse an der Übernahme der Studiengebühren durch das Unternehmen vor.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 29.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009 wird aufgehoben, soweit noch Beiträge für die Studierenden G C und T G nachgefordert werden.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Verfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Beiträgen für von ihr übernommene Studiengebühren.

Die Klägerin schloss in den Jahren 2005 und 2006 mit 8 Personen sogenannte Studien- und Ausbildungsverträge ab, von denen 3 Personen an der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik W/E/P (FHXU) mit dem Studienziel Elektrotechnik und 5 Personen bei der seinerzeitigen Berufsakademie X (BAX - heute Hochschule X) mit dem Studienziel Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben waren. Beide Bildungseinrichtungen wurden aus dem Unternehmerbereich heraus gegründet mit dem Ziel, qualifizierten Nachwuchs für die Unternehmen der Region heranzuziehen. Dabei war das Studium aufgeteilt in Theorie- und Praxisphasen. Für letztere hatte der Student ein vertragliches Verhältnis mit einem bestimmten Unternehmen abzuschließen, in dem er die Praxisphasen absolvierte. Die Klägerin zahlte den Studierenden durchgehend, unabhängig davon, ob es sich um eine Theorie oder Praxisphase handelte, eine monatliche Ausbildungsvergütung, für die sie Sozialversicherungsbeiträge abführte. Außerdem zahlte sie die monatlich anfallenden Studiengebühren. Streitig ist, ob es sich bei diesen Studiengebühren um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt. Für einen der Studenten der FHXU, der über eine abgeschlossene Ausbildung verfügte und daher keinen Ausbildungsvertrag abschloss, sowie für die 5 Studierenden der BAX, bei denen sich im Laufe des Verfahrens herausstellte, dass der Abschluss eines Ausbildungsvertrages für das Studium der BAX keine Voraussetzung war und unabhängig allein zwischen Unternehmen und den Studierenden gestaltet wurde, es sich aus der Sicht der Akademie daher nur um ein praxisorientiertes duales Studium handelte, gab die Beklagte ein Anerkenntnis ab.

Streitig ist daher nur noch die Übernahme der Studiengebühren für die Studierenden G C und T G. Mit diesen und der FHXU schloss die Klägerin einen Studien- und Ausbildungsvertrag folgenden Inhalts:

1. Gegenstand des Vertrages:

Im Rahmen des Studiengangs wird an der in Trägerschaft der FHXUgGmbH stehenden staatlich anerkannten privaten Hochschule für Wirtschaft und Technik W/E/P (FHXU) in Verbindung mit dem Betrieb ein wissenschaftsbezogenes und praxisorientiertes duales Fachhochschulstudium gemäß Hochschulrahmengesetz (HRG) und niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) vermittelt mit dem Studienziel: Bachelor-Abschluss des oben genannten Studiengangs.

Der Studierende wird mit Beginn dieses Vertrages an der FHXU immatrikuliert.

Gleichzeitig wird ein Ausbildungsverhältnis mit dem Betrieb begründet, in welchem sich dieser verpflichtet, den Studierenden gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG i. V. m. der Ausbildungsordnung) binnen der ersten 2 ½ Jahre des dualen Studiums an den Berufsabschluss in folgendem Ausbildungsberuf heranzuführen:

2. …

3. Verhältnis von Betrieb zum Studierenden (Vertrag G; ähnlich Vertrag C)

Der Betrieb legt die Arbeits- und/oder Ausbildungsstätte für den Studierenden fest und achtet darauf, dass dieser für die Erreichung der Studien- und ggf. Ausbildungsziels geeignet ist. Der Betrieb verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass die Praxisphasen entsprechend und ergänzend zum Studienplan der FHXU durchgeführt und Tätigkeiten übertragen werden, die dem dualen Studienziel und dem Ausbildungszweck dienen. Hierfür beauftragt der Betrieb eine persönlich und fachlich geeignete Kraft mit der Ausbildung der Studierenden.

Der Studierende wird für die Zeit zum Besuch der Veranstaltung der FHXU und für die Prüfung freigestellt. Der Studierende wird gegebenenfalls zudem für die Berufsabschlussprüfung sowie für Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte freigestellt.

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