Prof. Dr. Peter Bilsdorfer
Die Europäische Union (EU) ist eine überstaatliche Organisation, die über ein eigenes institutionelles System verfügt. Die Mitgliedstatten haben eigene Kompetenzen aufgegeben und diese auf die EU übertragen. Diese Übertragung betrifft auch das Steuerrecht.
Soweit auf der Ebene der EU Recht gesetzt worden ist, besitzt dieses Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalem Recht und auch gegenüber bilateralen Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, wie sie in den Doppelbesteuerungsabkommen geregelt sind.
Europarecht im weiteren Sinne geht über das gerade beschriebene Gemeinschaftsrecht (Primärrecht, Sekundärrecht) hinaus und bezeichnet auch das Recht aller anderen europäischen internationalen Zusammenschlüsse. Es umfasst den Europarat mit seinem Schutzsystem der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Daneben gehört das Recht weiterer europäischer internationaler Organisationen wie z. B. der Europäischen Freihandelszone (EFTA), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Osteuropa (OSZE), des Internationalen Zentrums für wissenschaftliche und technische Information (IZWTI), des Europäischen Kernforschungszentrums (CERN) zum Europarecht im weiteren Sinn.
Richtlinie
Speziell im Steuerrecht muss man differenzieren: Im Bereich der indirekten Steuern (etwa der Umsatzsteuer), besitzt die EU einen Harmonisierungsauftrag: Sie soll über Sekundärrechtsakte, nämlich Richtlinien, eine Harmonisierung der nationalen Rechte bewirken. Der erste Ansatz war im Bereich der Umsatzsteuer die 6. EG-Richtlinie, die inzwischen durch die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MWStSyStRl) ersetzt worden ist. Die MWStSyStRl vereinheitlicht die Bestimmungen über die Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11 UStG) und den Vorsteuerabzug (§ 15, 15a UStG).
Anders als Verordnungen sind Richtlinien Rec...
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