Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflegungsmehraufwendungen eines Werksbahn-Lokführers
Leitsatz (redaktionell)
Eine „erste Tätigkeitsstätte” eines Werksbahn-Lokführers besteht auch dann, wenn die betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers über ein Schienennetz verbunden sind, ohne dass die übrigen Einrichtungen für sich bereits direkt örtlich aneinander grenzen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen aus einer Tätigkeit als Lokführer für die X AG als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger bezog im Streitjahr 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Lokführer der X AG. Für seine mit ihm zusammenveranlagte, verstorbene Ehefrau wurden Renteneinkünfte erklärt. Im Rahmen der Ermittlung seiner Einkünfte machte der Kläger u.a. Kosten für die Reinigung seiner Berufskleidung i.H.v. 432,96 € sowie Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 2.316 € als Werbungskosten geltend, letztere berechnet aus 193 Tagen mit mehr als 8 Stunden à 12 €.
Unter dem 24.3.2017 erließ der Beklagte einen Bescheid für 2015 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer und setzte darin die Einkommensteuer auf 6.340 € fest. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigte der Beklagte nicht. In den Erläuterungen führte er dazu aus, dass es sich nach Aktenlage bei den vom Kläger geltend gemachten arbeitstäglichen Fahrten um Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG i.V.m. Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 24.10.2014 handele. Diese Fahrten seien nur mit der Entfernungspauschale (einfache Entfernung) abziehbar. Infolgedessen könne keine Auswärtstätigkeit vorliegen, so dass Verpflegungsmehraufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten. Berücksichtigt wurden in dem Bescheid indes Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in Höhe von 193 Tagen × 19 km × 0,30 = 1.101 €.
Dagegen wandte sich der Kläger mit fristgerecht erhobenem Einspruch, zu dessen Begründung er vortrug: Es liege eine Fahrtätigkeit als Lokführer vor. Er fahre als E-Lokfahrer verschiedene Orte an, verbleibe also nicht an der ersten Tätigkeitsstätte und sei daher ab dem Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte mehr als acht Stunden abwesend. Demnach seien vorliegend Verpflegungsmehraufwendungen für 193 Tage 12 € zu berücksichtigen. Auch sei ein Abzug der tatsächlich gefahrenen Kilometer möglich. Demzufolge sollten 38 km für 193 Tage à 0,30 €, also 2.200,20 €, zum Werbungskostenabzug zuzüglich der geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen führen.
In seinem Antwortschreiben vom 20.6.2017 wies der Beklagte darauf hin, dass der Kläger als Lokführer auf den Zügen der X AG auf dem betriebseigenen Schienennetz eingesetzt worden sei. Es liege eine entsprechende Zuordnung durch den Arbeitgeber vor. Bei dem Schienennetz der X AG handele es sich um ein zum Werksgelände gehörendes betriebseigenes Schienennetz und nicht um Trassen der DB oder anderer öffentlicher Verkehrsbetriebe. Auf dem Werksgelände befänden sich mehrere ortsfeste betriebliche Einrichtungen, die als eine Tätigkeitsstätte anzusehen seien. Das betriebseigene Schienennetz verbinde alle unterschiedlichen Betriebe der X AG.
Das betriebseigene Schienennetz, das ein Lokomotivführer mit der firmeneigenen Eisenbahn (Werksbahn) befahre, sei eine – wenn auch großräumige – Arbeitsstätte, die die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 EStG zur ersten Tätigkeitsstätte erfülle. Dass sich das firmeneigene Schienennetz über mehrere Stadtteile erstrecke und sich auf dem geographischen Gebiet, auf dem das Schienennetz verlegt sei, auch öffentliche Straßen befänden, stehe der Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte nicht entgegen. Der Einsatz eines Arbeitnehmers auf einem Fahrzeug auf dem Betriebsgelände sei keine Fahrtätigkeit (Auswärtstätigkeit) im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 3 EStG (BFH, 18.6.2009, VI R 61/06).
Dessen ungeachtet sei der Einkommensteuerbescheid 2015 im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingegangene Rentenbezugsmitteilung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu ändern.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 20.9.2017 änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid, berücksichtigte die geltend gemachten Reinigungskosten mit 433 € und setzte die Einkommensteuer auf 6.571 € fest. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück und verwies auf sein Schreiben vom 20.06.2017.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Klage, zu deren Begründung er vorträgt: Vorliegend seien Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen, da der Kläger laut R 37 (4) LStR (Reisekostenbegriff) eine Fahrtätigkeit als Lokführer ausübe. Es komme nicht darauf an, wem das Schienennetz gehöre, sondern ob das Schienennetz ausschließlich durch Betriebsgelände der X AG führe. Nach dem dem Beklagten seit dem 4.2.2016 vorliegenden Gebietsplan der X AG gehe die Bahntrassenführung dur...