Aufwendungen für Arzneimittel während einer Diätverpflegung

Die Aufwendungen für Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar, auch wenn sie im Rahmen einer Diät eingenommen werden.

Hintergrund

Zu entscheiden war, unter welchen Voraussetzungen die Aufwendungen für von einem Arzt im Rahmen einer Diät verordnete Mittel als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.

A leidet an einer Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. Von den als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen berücksichtigte das FA im Streitjahr (2010) 6.448 EUR. Weitere 706 EUR ließ das FA nicht zum Abzug zu. Dieser Betrag betrifft verschiedene über Apotheken bezogene Mittel (Miligamma, Gelovital, Vigantoletten, Cefasel, Biotin, Vitamin B2, Adenosylcobalamin, Metabolic, Calzium und Bio-C-Vitamin). A legte dazu eine ärztliche Bescheinigung vom November 2011 vor. Danach liegt bei ihr eine chronische Stoffwechselstörung vor, die kausal nicht therapierbar sei. Zur Vermeidung weiterer gesundheitlicher Schäden sei eine laufende Einnahme von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen erforderlich. Medikamente seien bei dieser Stoffwechselstörung nicht indiziert. Für 2010 seien u.a. die o.g. Präparate verordnet worden.

Das FG wies die gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Klage mit der Begründung ab, Nahrungsergänzungsmittel seien als Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen.

Entscheidung

Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) geprüft. Aufwendungen für Diätverpflegung sind allerdings nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ausnahmslos nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Unter Diät ist die auf die Bedürfnisse des Patienten und die Therapie der Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen. Vom Abzugsverbot werden daher Kosten einer besonderen Verpflegung und damit Aufwendungen für Diätlebensmittel erfasst, auch wenn ihnen "quasi Medikamentenfunktion" zukommt oder sie zur Unterstützung einer Heilbehandlung konsumiert werden.

Arzneimittel fallen jedoch nicht unter das Abzugsverbot. Arzneimittel i.S. des Arzneimittelgesetzes (§ 2 AMG) sind keine Lebensmittel und zählen nicht zur Diätverpflegung, auch wenn sie während einer Diät eingenommen werden. Aufwendungen dafür sind als Krankheitskosten zu berücksichtigen, wenn die Einnahme einer Krankheit geschuldet und die Zwangsläufigkeit (medizinische Indikation) durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist. Der Umstand, dass der Kranke wegen der Erkrankung zugleich eine Diät einhalten muss, steht dem nicht entgegen.

Das FG hat die streitigen Präparate allein wegen der Inhaltsstoffe als Nahrungsergänzungsmittel und damit als Lebensmittel eingeordnet, die im Rahmen einer Diät eingenommen werden. Dem widerspricht der BFH. Denn Nahrungsergänzungsmittel i.S. der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (§ 1 NemV) unterscheiden sich von den (regelmäßig) zulassungspflichtigen Arzneimitteln nicht durch die Inhaltsstoffe, sondern durch die pharmakologische Wirkung.

Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Dieses muss feststellen, ob es sich bei den eingenommenen Präparaten um ärztlich verordnete Arzneimittel i.S. des § 2 AMG handelt.

Hinweis

Der BFH bekräftigt die ständige Rechtsprechung, dass Krankheitskosten immer aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachen, und zwar ohne Rücksicht auf die Art der Erkrankung und auch deren Ursache. Es ist deshalb nicht zu hinterfragen, ob die Krankheit auf selbst gesetzten Umständen (ungesunde Lebensweise, gefährliche Sportarten) beruht. Wichtig ist sodann die vom BFH vorgenommene Präzisierung dahingehend, dass nicht jedes ärztlich verordnete Präparat, sondern nur Arzneimittel i.S. des Arzneimittelgesetzes begünstigt sind. Nahrungsergänzungsmittel rechnen dagegen zu den Lebensmitteln und können - auch bei ärztlicher Verordnung - nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung führen. Entscheidend für die Abgrenzung sind nicht die Inhaltsstoffe, sondern deren pharmakologische Wirkung. Arzneimittel unterliegen einer Zulassungspflicht durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn oder der Genehmigung durch Dienststellen der Europäischen Gemeinschaft.

Gegen die Entscheidung ist kritisch anzumerken, dass die Inhaltsstoffe, die in Arzneimitteln enthalten sind, häufig auch in Nahrungsergänzungsmitteln Verwendung finden und in ähnlicher Form und Zusammensetzung mit der gleichen pharmakologischen Wirkung angeboten werden. In solchen Fällen sollte es unschädlich sein, wenn auf das - möglicherweise billigere - nicht als Arzneimittel zugelassene (aber ärztlich verordnete) Präparat zugegriffen wird.

BFH, Urteil v. 14.4.2015, VI R 89/13, veröffentlicht am 22.7.2015