Kapitel

Der BFH hält die gesetzliche Normierung der Steuerpflicht von Erstattungszinsen für verfassungsgemäß. Auch kann er keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot erkennen.

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde der Satz 3 in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingefügt. Danach gehören Erstattungszinsen im Sinne von § 233a AO zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Damit hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass er Erstattungszinsen der Besteuerung unterwerfen möchte.

Das Problem war nicht nur die Regelung an sich, sondern vor allem der zeitliche Anwendungsbereich: Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sollte für alle Fälle gelten, in denen die Steuer im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig festgesetzt war. Ist diese rückwirkende Geltung verfassungsgemäß? Der BFH sagt ja (BFH, Urteil v. 12.11.2013, VIII R 1/11).

Der Fall

In dem entschiedenen Fall ging es um Erstattungszinsen aus dem Jahr 2001. Diese berücksichtigte das Finanzamt als Einkünfte aus Kapitalvermögen. 

Die Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass die Erstattungszinsen nach § 233a AO steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen sind. Darüber hinaus verstößt die Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nicht gegen Verfassungsrecht; es liegt kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot durch § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG vor. "Zwar sind Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, im Hinblick auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen grundsätzlich unzulässig. Jedoch sind in der Rechtsprechung des BVerfG Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen ist. So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, dann zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte."

Mit der Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen dem steuerbaren Bereich zuweist, hat der Gesetzgeber die Rechtslage auch mit Wirkung für die Vergangenheit so geregelt, wie sie bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung entsprach. Vor der Rechtsprechungsänderung konnte deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichtsteuerbarkeit der Erstattungszinsen entstehen. Der Gesetzgeber hat mit § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG lediglich die Rechtslage bestätigt, die bis zur Rechtsprechungsänderung des BFH geltendes Recht gewesen ist. 

Auch fehlt es angesichts des relativ kurzen Zeitraums zwischen der Veröffentlichung dieses Urteils (am 8. September 2010) und dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 (am 14. Dezember 2010) an der Schutzwürdigkeit eines Vertrauens in den Fortbestand der Rechtsprechungsänderung.

Hinweis

Es sind noch weitere Verfahren zum Thema Erstattungszinsen beim BFH anhängig. Diese dürften jedoch nicht anders entschieden werden, als das Verfahren VIII R 1/11, da es um die gleichen Rechtsfragen geht (Az. VIII R 29/12, VIII R 28/12, VIII R 48/11, VIII R 39/11, VIII R 38/11).

Schlagworte zum Thema:  Zinsen, Abgabenordnung, Steuererstattung