Folien an die Wand werfen, Diagramme einblenden, Texte animieren: Als Steuerberater ist man heute nicht nur Zahlenjongleur, sondern immer häufiger auch Präsentator von Ideen und Konzepten. Ein professioneller Auftritt vor Publikum und Entertainer-Qualitäten beim Erläutern der Gesetze sind meist nötig, um Mandanten, Banken und Geschäftspartner zu überzeugen.

"Die wenigsten Steuerberater wurden als charismatische Redner geboren. Wer aber jede Gelegenheit zum Referieren wahrnimmt und entsprechende Trainings mit Videoeinsatz absolviert, kann sich enorm als Präsentator verbessern und seine Wettbewerbsfähigkeit steigern", sagt Kanzleiberaterin Angela Hamatschek aus dem baden-württembergischen Sinsheim vom "Delfi-net Netzwerk zukunftsorientierter Steuerberater".

Die meisten Zuhörer schalten ab

Power Point aus dem Office-Paket von Microsoft ist das Standardprogramm für Business-Präsentationen. Die meisten Steuerprofis langweilen ihr Publikum trotz des verspielt anmutenden Präsentationsprogramms mit Zahlenfriedhöfen und reden Fach-Chinesisch. "90 Prozent der geschäftlichen Vorträge sind eine Katastrophe", sagt Uwe Göthert, Kommunikationsexperte und Chef von Dale Carnegie Deutschland, einem der führenden Anbieter von Dienstleistungen mit dem Schwerpunkt Management- und Personalentwicklung. Viele Redner bereiten sich schlecht vor, wirken uninspiriert, verstecken sich hinter ihren Charts und drehen dem Publikum auch noch den Rücken zu.

"Der häufigste Fehler der Steuerberater ist, dass sie zu viel Text und zu viele Zahlen auf ihre Folien packen. Auf die Folie gehören immer nur die Kernaussagen, auch wenn es sich um eine Grafik handelt", sagt Angela Hamatschek: "Wenn der Redner die Seite vorliest, ist er überflüssig." Erwiesen ist, dass bereits nach den ersten fünf Minuten einer schlechten Präsentation 80 % der Zuhörer abschalten. Wie schafft man es als Steuerberater, seine Mandanten, Geschäftspartner und Mitarbeiter zu fesseln und ein trockenes Finanzthema in eine Geschichte zu verwandeln, die unter- und nicht aufhält?

Drei Viertel des Erfolgs hängen von der Vorbereitung ab

"Am wichtigsten ist eine professionelle Vorbereitung", sagt Hamatschek. Inhaltlich sind Steuerberater meist im Thema drin, sie wissen, was sie sagen wollen, aber nicht, wie sie es sagen wollen. Denn es geht nicht darum aufzuzählen, sondern zu erzählen. Die durchschnittliche Vorbereitungszeit für eine Powerpoint-Präsentation sollte mindestens die dreifache Präsentationslänge betragen, wobei mit Vorbereitung nicht die Aufbereitung der Charts gemeint ist, sondern das laute Sprechen vor dem Spiegel mit dem imaginären Zuhörer.

  • Wo setzt man Effekte ein?
  • Wo bieten sich Fragen an?
  • Welche Gesten sind sinnvoll?

"Auf jeden Fall sollte es einen roten Faden geben", rät Hamatschek. Ein logischer Aufbau des Präsentationsdrehbuchs ist ebenso wichtig wie die Festlegung eines klaren Ziels. Das Publikum muss dem Steuerberater folgen können. Die Agenda des Vortrags kann zum Beispiel an der Wand hängen. Dann weiß jeder, wo man gerade ist. Von Erfolg gekrönt wird ein Vortrag sein, wenn der Steuerprofi es schafft, eine gute Geschichte um den zentralen Punkt herum zu erzählen, Analogien zum Thema aufzubauen, um es bildlich zu illustrieren. Gibt es etwas aus dem Bereich des Fußballs, des Films, der Politik, das passt, um das Thema zu verdeutlichen?
Beispiele und persönliche Erfahrungen sollten auch bei Steuerthemen nicht fehlen, denn der Mandant möchte nicht nur informiert, sondern nebenbei unterhalten – "infotaint" – werden.
"Ich empfehle Steuerberatern, sich vor der Präsentation solche Beispiele und Geschichten zu überlegen. Auch kleine humorvolle Einlagen machen sich immer gut", sagt Hamatschek. Eine einfache, bildhafte Sprache kann zusätzliche Stimulanz in die Präsentation bringen. Wenn es um Wachstum geht, kann man sich etwa der Metaphorik des Gartens bedienen, von der Bodenbestellung sprechen, von Aussaat, von der Ernte. Die Sätze sollten dabei kurz und gut verständlich sein.
Für die Folien hat sich die Regel 6 x 6 bewährt, das heißt nicht mehr als sechs Zeilen mit jeweils maximal sechs Wörtern, wobei die Schrift nicht kleiner als 24 Punkt betragen sollte. Für die Gestaltung gilt: Grafiken statt Zahlen.

Für besonders lukrative Mandanten kann man spezielle Grafiken gestalten, die individuell auf sie abgestimmt sind. So kann man etwa bei Diagrammen statt Balken auch Schrauben verwenden, wenn der Mandant Werkzeughersteller ist.
Dunkelheit macht müde
Es versteht sich zwar von selbst, dass Steuerberater mit dem Mandanten bei der Präsentation Blickkontakt halten sollen, doch viele Berufsträger tun es erfahrungsgemäß nicht. "Sie dunkeln den Raum ab, um angeblich eine bessere Sicht der Charts zu gewährleisten", weiß Hamatschek und rät: "Verwenden Sie lieber große Monitore anstelle von Beamern im Besprechungsraum, oder kaufen sie moderne Beamer, die kein dunkles Raumszenarium erfordern. Wenn man mit dem Mandanten zu zweit ist, reicht auch ein Tablet, oder man schaut gemeinsam auf den PC-Bildschirm."
Dunkelheit macht müde, außerdem legt sie den Fokus auf das helle Bild und nicht auf den Steuerberater, der für "Erleuchtung" sorgen sollte. In der Kanzlei empfiehlt Hamatschek, zusätzlich zu Powerpoint noch ein Flip-Chart einzusetzen. Das wirke lebhafter und schaffe etwas Abwechslung: "Vor der Besprechung sollte man überlegen, an welcher Stelle des Vortrags der Flip-Chart-Einsatz passen könnte. Schön ist es, wenn man während der Präsentation auf dem Flip-Chart etwas entwickeln kann."
Inhaltlicher Aufbau
Am inhaltlichen Aufbau einer typischen geschäftlichen Präsentation gibt es Kritik: "Der typische Gliederungsfehler der Führungskräfte besteht in 99 von 100 Fällen darin, dass sie mit dem Negativ-Zustand in eine Präsentation einsteigen. Sie schildern den desolaten Ist-Zustand, dann den Soll-Zustand, und schließlich den Weg zum Soll", sagt Präsentationscoach Andreas Bornhäußer aus Berlin: "Beim Flirten sagen Sie ja auch nicht Ihrer Verabredung, dass die Frisur ihr nicht steht und die Bluse sie dick macht." Er empfiehlt, lieber mit dem Best-Case-Szenario in den Vortrag einzusteigen, etwa nach dem Motto: "I have a dream…". Dann folgen eine Statusbeschreibung und die Lösungsvorschläge. Dabei sei es wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die meisten Steuerberater fragen sich bei der Präsentationserstellung: "Habe ich auch alles gesagt?" Die entscheidende Frage ist jedoch: "Kann ich etwas weglassen?"
"Etwa zehn Folien reichen für eine 60-minütige Präsentation aus. Alles, was zu sagen ist, kommt auf die Tonspur des Steuerberaters und ist im günstigsten Fall komplementär zu dem, was gezeigt wird", empfielt Angela Hamatschek. Bei längeren Präsentationen kann ein Rednerwechsel für Auflockerung sorgen – bestimmt kann auch eine Steuerfach­angestellte gewisse Teile der Präsentation übernehmen.
Mittel gegen Monotonie
Jede Form von Dynamik ist ein weiteres probates Mittel gegen Monotonie und hilft bei der Interaktion: Ein guter Redner fordert seine Zuhörer dazu auf, die Perspektive zu ändern, sich umzudrehen, weil auch hinten im Raum etwas vorbereitet ist, etwas anzufassen. Zudem sollte der Präsentator auch selbst "bewegend" sein: Wenn es zum Thema passt, kann er herumgehen, seine Stimme modulieren – leise und laut werden, langsam und schnell, an den richtigen Stellen auch mal innehalten.
Wer weniger Schnick-Schnack verwendet, zeigt mehr Wirkung. Powerpoint ist wie eine Arznei. In einigen Fällen kann das Programm wie bei Kopfschmerzen den Steuerberater unterstützen, aber eine Überdosis ist schädlich. 95 % von dem, was Powerpoint alles kann, ist für eine gute Präsentation nicht notwendig – maximal zwei unterschiedliche Animationen in einer Präsentation reichen. Ganzseitige Bilder, die für sich sprechen, kommen gut an, ebenso ein passender Video-Clip, der maximal 90 Sekunden dauern sollte.
Plan bei Technikproblemen
Hamatschek warnt davor, sich komplett auf das Programm zu verlassen: "Es kann immer passieren, dass die Technik versagt. Dann brauchen Sie einen Plan B. Was ich auf Powerpoint habe, muss ich auch auf einem Flip-Chart im Notfall darstellen können. Ich muss nicht alles auswendig können, Karteikarten sind auf jeden Fall erlaubt."
Schluss der Präsentation
Starten und fliegen kann im Prinzip fast jeder, aber ein Flugzeug zur Landung zu bringen ist eine Kunstfertigkeit, die Piloten lange üben müssen. Steuerberater beenden häufig ihren Vortrag mit der Floskel "Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit". Besser ist es, wenn der Schluss zum Anfang und zur Botschaft passt. Will ich mit einem lustigen Spot schließen, damit ein Lachen im Raum bleibt? Oder will ich das Publikum mit einer Geschichte betroffen machen?
"Besuchen Sie regelmäßig Kommunikationstrainings und schulen Sie Ihre Mitarbeiter nicht nur fachlich, sondern auch in Präsentationstechnik", rät Angela Hamatschek: "Auf keinen Fall darf die Präsentation für den Steuerberater und seine Mitarbeiter zur langweiligen Routine verkommen."

Schlagworte zum Thema:  Steuerberater, Steuerberatung

Hier geht's zur Bilderserie "Präsentationen"