FinMin Kommentierung: Zusammenveranlagte Eheleute im Fokus

Das FinMin NRW erklärt mit aktuellem Erlass, welche Regelungen bei der Erstattung zu viel gezahlter Einkommensteuer an zusammenveranlagte Eheleute zu beachten sind.

Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO

Ist eine Steuerzahlung höher als der materiell-rechtliche Anspruch, ist sie insoweit ohne rechtlichen Grund geleistet, sodass der Steuerpflichtige einen Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt erlangt (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Im Bereich der Einkommensteuer ergeben sich solche Erstattungsansprüche klassischerweise durch die Anrechnung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen (z.B. Lohnsteuer) auf die festgesetzte Einkommensteuer, die Aufhebung einer Einkommensteuerfestsetzung oder eine Änderungsveranlagung.

Erstattungsberechtigung während intakter Ehe

Während einer intakten Ehe kann das Finanzamt eine Einkommensteuererstattung der Eheleute auch an nur einen Ehegatten auszahlen, denn in diesem Fall besteht die (widerlegbare) gesetzliche Vermutung, dass der andere Ehegatte diesen Erstattungsweg billigt (§ 36 Abs. 4 S. 3 EStG); die Zahlung wirkt in diesem Fall für und gegen den anderen Ehegatten. Aus dieser Regelung darf jedoch nicht geschlossen werden, dass die zusammenveranlagten Eheleute hinsichtlich des Erstattungsanspruchs Gesamtgläubiger sind.

Hinweis: Die gesetzliche Vermutung soll das Verwaltungsverfahren vereinfachen, denn das Finanzamt muss nicht weiter nachforschen, welcher Ehegatte inwieweit erstattungsberechtigt ist. Die Vermutung setzt sich allerdings über die materiell-rechtliche Zuordnung der Erstattung hinweg.

Erstattungsberechtigung bei Trennung oder Scheidung

Das Finanzamt darf eine Steuererstattung nicht mehr an nur einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen musste, dass der andere Ehegatte damit (aus beachtlichen Gründen) nicht einverstanden ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Eheleute geschieden sind, getrennt leben oder aus sonstigen Umständen bekannt ist, dass ein Ehegatte eine Steuererstattung an den anderen Ehegatten nicht mehr billigt. Bestehen diese Anzeichen einer „Zerrüttung“, muss das Finanzamt nähere Feststellungen zur Erstattungsberechtigung der Ehegatten treffen und ermitteln, in welcher Höhe der Erstattungsbetrag den einzelnen Ehegatten zugeordnet werden muss.

Die Erstattungsberechtigung des einzelnen Ehegatten ist auch dann erheblich, wenn das Finanzamt mit Abgabenrückständen eines Ehegatten aufrechnen will oder der Erstattungsanspruch nur eines Ehegattens abgetreten, gepfändet oder verpfändet wird. In diesen Fällen muss die materielle Anspruchsberechtigung selbst dann geprüft werden, wenn die Eheleute übereinstimmend davon ausgehen, dass ihnen der Steuererstattungsanspruch gemeinsam zusteht.

Bankkonto laut Steuererklärung

Das Finanzministerium (FinMin) weist darauf hin, dass das Finanzamt die Erstattung mit schuldbefreiender Wirkung nur durch Überweisung auf das in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Eheleute angegebene Bankkonto leisten kann. Ist der Kontoinhaber des angegebenen Kontos nur einer der Ehegatten, überweist das Finanzamt den Erstattungsbetrag aber stattdessen auf ein Konto des anderen Ehegatten, wird das Amt nicht von seiner Erstattungsverpflichtung gegenüber dem materiell erstattungsberechtigten Ehegatten frei. Diese Freistellung tritt aber ein, wenn das Amt den Erstattungsbetrag zwar nicht auf das angegebene Konto überweist, wohl aber auf ein anderes Konto des materiell erstattungsberechtigten Ehegattens.

Eintragungen auf dem Überweisungsträger

Im beleglosen Überweisungsverfahren wird das Empfängerkonto nur anhand der angegebenen Kontonummer und Bankleitzahl ermittelt, ein Namensabgleich durch die Bank findet i. d. R. nicht statt. Gleichwohl kann die Bezeichnung des zutreffenden Empfängers von Bedeutung sein, z. B. bei Überweisungen im Scheidungsfall: Denn das Finanzamt wird von seiner Leistungspflicht gegenüber dem erstattungsberechtigten Ehegatten nicht frei, wenn es den Erstattungsbetrag nach der Scheidung zwar auf das in der Steuererklärung angegebene Konto überweist, die Bank aber (wegen der zwischenzeitlichen Auflösung dieses Kontos) die Empfängerbezeichnung in der Überweisung zu Rate zieht und den Betrag deshalb auf ein Konto des nicht erstattungsberechtigen früheren Ehegatten gutschreibt.

Verweis auf detailliertes BMF-Schreiben

Zu den Besonderheiten bei der Bestimmung des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs verweist das FinMin auf das ausführliche BMF-Schreiben vom 31.1.2013 (IV A 3 - S 0160/11/10001, BStBl 2013 I S. 70).

Strittiger Erstattungsanspruch

Sofern zwischen dem Finanzamt und einem bzw. beiden Ehegatten Streit über den Erstattungsanspruch besteht, muss das Finanzamt darüber per Abrechnungsbescheid entscheiden. Gegenstand dieses Verwaltungsakts kann sowohl die Frage der Erstattungsberechtigung der Ehegatten selbst sein, als auch die Höhe des auf jeden Ehegatten entfallenden Erstattungsbetrags.

FinMin, Erlass v. 4.2.2013, S 0160

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