Ausfuhr- und ig. Lieferung bei gebrochnener Beförderung

Wann sind die Voraussetzungen einer Ausfuhr- oder einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei einer sog. gebrochenen Beförderung erfüllt? Dazu hat das BMF mit Schreiben vom 7.12.2015 Stellung genommen und gleichzeitig eine Vereinfachungsregelung für Reihengeschäfte erweitert.

Die rechtliche Problematik
Wird eine Lieferung ausgeführt, muss der leistende Unternehmer prüfen, ob sich der Ort der Lieferung im Inland befindet und – wenn ja – ob eine Steuerbefreiung anzuwenden ist. Der Ort einer Lieferung bestimmt sich vorbehaltlich von Sonderfällen entweder nach § 3 Abs. 6 UStG, wenn der Gegenstand befördert oder versendet wird, oder nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG, wenn eine ruhende Lieferung vorliegt. Wird der Gegenstand vom Lieferer, vom Abnehmer oder einem von diesen beiden Beauftragten befördert oder versendet, ist der Ort der Lieferung am Beginn der Beförderung bzw. dort, wo der Gegenstand dem beauftragten Dritten übergeben wird.

Wichtig: Nur bei einer Beförderungs- oder Versendungslieferung kann sich eine Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung oder als innergemeinschaftliche Lieferung ergeben, da sowohl § 6 als auch § 6a UStG ein körperliches Gelangen voraussetzen.

Bei einer sog. gebrochenen Beförderung sind sowohl der Lieferer als auch der Abnehmer in den Transport des Liefergegenstands eingebunden, weil sie sich z. B. den Transport des Liefergegenstands zu dem Bestimmungsort geteilt haben. Grundsätzlich gilt bei einer solchen gebrochenen Beförderung der erste Teiltransport als maßgeblich für die Bestimmung des Orts der Lieferung. Für die Prüfung der Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 UStG) oder innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a UStG) muss darauf abgestellt werden, ob im Zeitpunkt des Grenzüberschritts die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen.

Neben der Darstellung der Voraussetzungen für die gebrochene Lieferung stellt die Finanzverwaltung klar, dass bei einer gebrochenen Lieferung die Voraussetzungen für ein Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG) nicht vorliegen können, da ein Reihengeschäft ein unmittelbares Gelangen des Gegenstands voraussetzt. Sind sowohl der Lieferer als auch der Abnehmer in den Transport eingebunden, spaltet sich der Vorgang in mehrere hintereinander geschaltete und getrennt zu beurteilende Einzellieferungen auf.

Wichtig: Rein tatsächliche Unterbrechungen des Transports, die lediglich dem Transportvorgang geschuldet sind, stehen der Annahme eines Reihengeschäfts aber nicht entgegen, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht.

Eine gebrochene Lieferung steht auch der Annahme einer Ausfuhrlieferung oder einer innergemeinschaftlichen Lieferung grundsätzlich nicht entgegen. Die Finanzverwaltung ergänzt in diesem Zusammenhang den UStAE um die folgenden Punkte:

  • Der Abnehmer muss zu Beginn des Transports feststehen.
  • Der Transport muss ohne nennenswerte Unterbrechung erfolgen.
  • Der liefernde Unternehmer muss nachweisen, dass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und seiner Beförderung oder Versendung sowie ein kontinuierlicher Ablauf dieses Vorgangs gegeben sind.

Wichtig: Bei der Prüfung einer Ausfuhrlieferung ist weiterhin entscheidend, wer den Gegenstand der Lieferung über die Binnenmarktsgrenze transportiert. Wenn der Abnehmer den Gegenstand im Rahmen seines Teils der Lieferstrecke in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet, muss er die Voraussetzungen als ausländischer Abnehmer erfüllen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 UStG).

Im Zusammenhang mit den Reihengeschäften erweitert die Finanzverwaltung noch eine bisher schon vorhandene Vereinfachungsregelung. Die bisher in Abschn. 3.14 Abs. 11 UStAE enthaltene Regelung, dass für die Zuordnung von bewegter und ruhender Lieferung bei einem Reihengeschäft auch das Rechts eines anderen Mitgliedstaats angewandt werden kann, ist jetzt in die neu geschaffene „Vereinfachungsregelung“ des Abschn. 3.14 Abs. 19 UStAE übernommen worden. Ergänzt wird dies durch die neue Vereinfachungsregelung, dass bei einer gebrochenen Beförderung oder Versendung aus einem anderen Mitgliedstaat ins Drittlandsgebiet die Behandlung als Reihengeschäft nicht zu beanstanden ist, wenn

  • der erste Unternehmer den Liefergegenstand aus dem Mitgliedstaat des Beginns der Beför-derung oder Versendung nur zum Zweck der Verschiffung ins Drittlandsgebiet in das Inland befördert oder versendet,
  • aufgrund des Rechts des Abgangsmitgliedstaats die Behandlung als Reihengeschäft vorgenommen worden ist und
  • der Unternehmer, dessen Lieferung bei Nichtannahme eines Reihengeschäfts im Inland steuerbar wäre, dies nachweist.

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung nimmt eine sinnvolle Klarstellung vor, dass sog. gebrochene Lieferungen grundsätzlich einer Ausfuhrlieferung oder einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht entge-genstehen. Hier war es in der Vergangenheit in der Praxis zu Schwierigkeiten gekommen (Sächsisches FG, Urteil v. 24.5.2011, 6K 2176/09, EFG 2011 S. 2112). Die Finanzverwaltung reagiert damit auf eine 2013 an das BMF herangetragene Bitte auf Präzisierung der Verwaltungsanweisungen.

So erfreulich die Klarstellung dem Grunde nach auch sein mag, sie enthält im Einzelfall wieder Tücken. Insbesondere der Nachweis, „dass ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und seiner Beförderung oder Versendung sowie ein kontinuierlicher Ablauf dieses Vorgangs gegeben“ sein müssen, kann im Einzelfall in der Praxis neues Streitpotenzial enthalten. Deshalb gilt – wie auch in vielen anderen Bereichen des Nachweises bei Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen -, dass dem Führen der Nachweise von Beginn an große Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Wenn erst bei Streitfällen mit der Finanzverwaltung begonnen wird, Unterlagen zusammenzustellen, wird es regelmäßig zu spät sein.

Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 7.12.2015, III C 2 – S 7116-a/13/10001