Für den Verkauf neuer PKW schreibt die EnVKV (Energieverbrauchkennzeichnungsverordnung) die Angabe des Energieverbrauchs vor. In der Praxis bereitet der Begriff des Neuwagens Schwierigkeiten, da viele Händler zur Ankurbelung des Umsatzes in großem Umfang sog. Tageszulassungen oder Vorführwagen zum Kauf anbieten.

Im Internet 2 Monate alten Vorführwagen zum Verkauf angeboten

Die Beklagte hatte im Internet einen knapp 2 Monate alten Vorführwagen zum Verkauf angeboten. Das Fahrzeug wies eine Laufleistung von weniger als 500 km auf. Die nach der PKW-EnVKV  erforderlichen Angaben zum Energieverbrauch enthielt die Offerte nicht.

Dies störte den Kläger, einen eingetragenen Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen seiner Mitglieder zu wahren und Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen.

 

PKW-EnVKV schützt auch den fairen Wettbewerb

Nachdem das LG der Klage erstinstanzlich wegen Wettbewerbsverstoßes stattgegeben hatte, gab das OLG dem Autohaus Recht. Auch die OLG-Richter vertraten die Auffassung dass die EnVKV neben dem Schutz des Klimas auch dem Schutz des Wettbewerbs durch Herstellung der Vergleichbarkeit von Verbrauchs- und Emissionswerten dient.

 

Vorführwagen außen vor?

Nach ihrem Wortlaut beanspruchen die Vorschriften der EnVKV Geltung nur für Neuwagen.

  • Ein Vorführwagen kann nach Auffassung der OLG-Richter aber im Prinzip unbegrenzte Zeit zu Vorführzwecken genutzt werden.
  • Damit sei es nicht vereinbar, einen solchen Vorführwagen beim Weiterverkauf als Neuwagen zu behandeln. Mangels der Neuwageneigenschaft liege daher ein Verstoß gegen die EnVKV nicht vor.

 

BGH: Neuwageneigenschaft ist differenziert zu beurteilen

Den BGH-Richtern war die Beurteilung der OLG-Richter zu pauschal. Nach Auffassung des Senats soll die EnVKV in Umsetzung der Richtlinie 1999/94/EG des Europäischen Parlaments eine verbesserte Information des Verbrauchers über den Kraftstoffverbrauch und die Co2-Emissionen eines PKW erreichen. Ob es sich um einen Neuwagen im Sinne der Vorordnung handle, sei wertend zu ermitteln. Grundlage sei die in der europäischen Richtlinie enthaltene eigenständige Definition des Begriffes „neu“ und nicht etwa die von der Rechtsprechung im Rahmen des Gewährleistungsrechts vorgenommene Begriffsbestimmung.

  

Die Absicht alsbaldigen Verkaufs ist entscheidend

Nach der europäischen Definition sei ein Fahrzeug neu, wenn es noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder dem der Auslieferung verkauft wurde.

  • Zur Beurteilung seien alle objektivierbaren Umstände heran zu ziehen, aus denen sich ergebe, ob das Fahrzeug alsbald verkauft werden solle.
  • Solche wesentlichen Umstände seien vorliegend die Dauer der Zulassung als Vorführwagen sowie die Kilometerleistung.

Eine Kilometerleistung von unter 1000 km sowie eine Zulassungszeit von nur einem Monat sprechen nach Auffassung des BGH für eine von Anfang an bestehende alsbaldige Verkaufsabsicht und für die Qualifizierung des Fahrzeuges als Neuwagen.

 

BGH stellt erstinstanzliche Urteil wieder her

Der OLG-Senat musste sich dahingehend belehren lassen, dass das erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befasste LG die richtige Entscheidung getroffen hatte.

(BGH, Urteil v 21.12.2011,  I ZR 190/10).