Selbst wenn es sich in der Praxis nicht immer so anfühlt: Das deutsche Recht stellt strenge Anforderungen an die Zulässigkeit von Werbeanrufen bei Verbrauchern. Der BGH hat nun entschieden, dass diese Rechtslage 1. nicht durch Anruferlaubnis durch das Double-Opt-In-Verfahren unterlaufen werden kann und 2. EU-konform ist

Im vorliegenden Fall hatte sich die AOK Plus, die Allgemeine Ortskrankenkasse für Sachsen und Thüringen, im Jahr 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen verpflichtet, keine Werbeanrufe ohne eine Einwilligung des Verbrauchers zu tätigen. Außerdem verpflichtete sie sich, für jeden Verstoß eine Vertragsstrafe von 5.000 Euro zu zahlen.

 

AOK Plus: Trotz strafbewährter Unterlassungsverpflichtung Verbraucher angerufen

Dennoch erhielten zwei Verbraucher im September 2008 Werbeanrufe der AOK Plus. Diese wurde daraufhin von der Verbraucherzentrale aufgefordert, die fälligen 10.000 Euro zu zahlen. Die AOK bestand jedoch darauf, die Einverständniserklärung der Angerufenen per Double-Opt-In-Verfahren eingeholt zu haben. Die Verbraucher hätten an Online-Gewinnspielen teilgenommen und ihre Telefonnummer angegeben.

 

Klage der Verbraucherzentrale: Double-Opt-In-Verfahren entlastet nicht

Durch das Markieren eines Feldes hätten sie - so dir AOK Plus - außerdem ihr Einverständnis zur Erhaltung von Anrufen erklärt. Ihnen sei daraufhin eine E-Mail mit dem Hinweis auf die Einschreibung, eine sogenannte Check-Mail, zugeschickt worden, die sie durch Anklicken eines darin enthaltenen Links bestätigt hätten.

Das überzeugte aber nicht: Dieses elektronisch durchgeführte Double-Opt-In-Verfahren sei von ungeeignet, um ein Einverständnis von Verbrauchern mit Werbeanrufen zu belegen. Zwar könne bei Vorlage der dabei angeforderten elektronischen Bestätigung angenommen werden, dass der - die Einwilligung in Werbeanrufe enthaltende - Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt.

Damit ist aber nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs-E-Mail handelt. Es könne zahlreiche Gründe für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer geben. Das Gesetz verlange aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat.

 

Deutsches Wettbewerbsrecht strenger als EU-Richtlinie - aber zulässig

Die Klage der Verbraucherzentrale vor dem Landgericht und dem OLG Dresden war deshalb erfolgreich und die Revision des Beklagten vor dem BGH wurde zurückgewiesen. Auch der Hinweis auf das weniger strenge EU-Richt überzeiugte den BGH nicht.

Zwar gehe das deutsche Recht über die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken der Europäischen Union hinaus, aufgrund einer in der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation enthaltenen Öffnungsklausel ist der deutsche Gesetzgeber aber berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren ausdrücklichem Einverständnis abhängig zu machen.

(BGH, Urteil v. 10. Februar 2011, I ZR 164/09).