Amt muss bei Geschwindigkeitsüberschreitung Messfilm herausgeben

Immer wieder kommt es im Streit um ein Bußgeld wegen Überschreitung der Geschwindigkeit zu Reibereien zwischen Anwälten und den Bußgeldbehörden. Oft geht es dabei um die Frage, ob der Messfilm an den Verteidiger herausgegeben werden muss. Ein Amtsgericht hat dies nun bejaht.

Anwälte stellen in gerichtlichen Verfahren zu Geschwindigkeitsüberschreitungen regelmäßig sämtliche Schritte des konkreten Messvorgangs in Frage. Dazu brauchen sie aber entsprechende Informationen.

Manche Behörde lässt sich ungern in die Karten gucken

In dem Fall beantragte der Verteidiger nach erfolgter Akteneinsicht, ihm u. a. den vollständigen Messfilm und die Bedienungsanleitung des zum Einsatz gekommenen Gerätes zur Verfügung zu stellen. Nach Zusendung der Bedienungsanleitung lehnte die Behörde die Zusendung des Messfilms ohne „entsprechenden Gerichtsbeschluss" ab, verwies jedoch den Verteidiger auf die Möglichkeit der Einsicht in den Diensträumen der Verwaltungsbehörde.

Akteneinsicht bringt nichts

Bis zu einem bestimmten Umkreis wird der Verteidigung zumutbar sein, den Messfilm bzw. das entsprechende Medium in den Räumen der Verwaltungsbehörde einzusehen, meinte auch das Amtsgericht Königs Wusterhausen. Da die Entfernung der Kanzlei des Verteidigers zur Bußgeldbehörde im konkreten Fall je nach Streckenwahl rund 30 Kilometer beträgt, wäre das wohl zumutbar.

Allerdings bleibt laut Richterspruch die Frage, ob der Verteidiger von der Akteneinsicht in den Räumen der Verwaltungsbehörde ohne ggf. Sachverständigenbeteiligung, Kopiermöglichkeiten etc etwas habe.

„Auch dem überdurchschnittlich versierten Rechtsanwalt (oder sogar Fachanwalt) wird nicht abzuverlangen sein, dass er einem Sachverständigen gleich ganze Messreihen auswertet. Seine Feststellungen würden im Rahmen der Hauptverhandlung gleichwohl nur Verteidigervorbringen bleiben und das Gericht könnte trotzdem nicht auf eine Beweiserhebung durch Gutachten verzichten“,

betonte das Gericht.

Bußgeldbehörde muss Messdatei herausgeben

Die Folge: Die Bußgeldbehörde muss die Messdatei herausgeben, wobei der Verteidiger das dafür erforderliche Speichermedium zur Verfügung stellen muss.

(AG Königs Wusterhausen, Beschluss v. 17.3.2015, 2.4 OWi 282/14).

Vgl. zum Thema Geschwindigkeitsüberschreitung auch:

Mehr als 25 % Geschwindigkeitsüberschreitung = Vorsatz?

Notstand wegen Notdurft

OLG Koblenz: Videoüberwachung auf der Autobahn ist verfassungsgemäß

Zu Beweisfragen

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Zur Verwertbarkeit einer Geschwindigkeitsmessung

Schlagworte zum Thema:  Fahrerlaubnis, Verkehrsrecht, Ordnungswidrigkeit