Rechtschutzversicherer prüfen die Honorarrechnung der Anwälte gerne akribisch. Hier wurde die Umsatzsteuer auf die Aktenversendungspauschale als überflüssig erachtet. Falsch: Die Versicherung schuldet nach den §§ 1 und 5 (1) a der ARB 2002 die gesetzliche Rechtsanwaltsvergütung. Die umfasst gemäß § 1 RVG als auch Auslagen und sie unterliegt der Umsatzsteuer.

Rechtschutzversicherung wollte keine Umsatzsteuer auf Versendungspauschale zahlen

Ein Rechtsschutzversicherer erteilte dem Versicherungsnehmer Deckungszusage für Anwaltskosten in einem Bußgeldverfahren.

  • Der beauftragte Rechtsanwalt beantragte Akteneinsicht durch Übersendung der Bußgeldakte in seine Kanzlei.
  • Er stellte dem Mandanten dafür die Aktenversendungspauschale von 12 EUR zuzüglich darauf entfallender Mehrwertsteuer von 2,28 EUR in Rechnung.

Die Rechtschutzversicherung meinte, sie müsse diesen Umsatzsteuerbetrag nicht erstatten, weil die Aktenversendungspauschale für den Rechtsanwalt als ein lediglich durchlaufender Posten nicht umsatzsteuerpflichtig ist.  Die Vorinstanzen haben der Klage des Anwalts auf Zahlung von 2,28 EUR stattgegeben. Die Revision der Rechtschutzversicherung hatte keinen Erfolg.

 

Pauschale ist kein durchlaufender Posten im Sinne der Umsatzsteuer

Der Rechtsschutzversicherer schuldet nach den §§ 1 und 5 (1) a der ARB 2002 die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung. Diese umfasst gemäß § 1 RVG sowohl Gebühren als auch Auslagen und unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG der Umsatzsteuer.

Ein durchlaufender Posten i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG liegt z. B. vor,

  • wenn dem Rechtsanwalt der Betrag für die Aktenversendungspauschale im Voraus zur Verfügung gestellt wird,
  • so dass er die Pauschale nicht aus eigenen Mitteln entrichten muss.

Dies war hier nicht der Fall.

 

Umsatzsteuer zählt zur gesetzlichen Vergütung des Rechtsanwalts

Der Rechtsanwalt hat die Aktenversendungspauschale nicht im Namen und auf Rechnung des Mandanten verauslagt. Nach § 107 Abs. 5 OWiG wird die Pauschale von demjenigen erhoben, der die Versendung der Akten beantragt.

Damit ist der Veranlasser der Aktenübersendung gemeint und nicht derjenige, in dessen Interesse der Antrag gestellt wird. Insoweit ist die kostenpflichtige Aktenversendung in die Kanzleiräume, die Rechtsanwälten in der Regel gewährt werde, von der für sich genommen kostenlosen Akteneinsicht zu unterscheiden.

  • Die Aktenversendungspauschale unterfällt weder den mit den Rechtsanwaltsgebühren abgegoltenen (§ 15 Abs. 1 RVG) allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts,
  • noch ist sie von der Post- und Telekommunikationspauschale des § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 7002 VV abgedeckt.

Die vom Rechtsanwalt verauslagte Aktenversendungspauschale unterliegt bereits nach § 10 Abs. 1 UStG und nicht allein infolge der Inrechnungstellung (§ 14c Abs. 2 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) der Umsatzsteuer.

(BGH, Urteil v. 6.4.2011, IV ZR 232/08).

Praxis-Hinweis: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können Gebühren oder Auslagen, die Rechtsanwälte bei Behörden für ihre Mandanten vorstrecken und sodann in Rechnung stellen, nur dann als durchlaufende Posten anerkannt werden, wenn diese Kosten nach verbindlichen Gebühren- oder Kostenordnungen berechnet werden, die den Mandanten als Kostenschuldner bestimmen (siehe auch OFD Karlsruhe, Verfügung v. 28.1.2009 - S 7200).

Die Verfahrensordnungen sehen eine Übersendung der Akten zur Einsichtnahme außerhalb der Diensträume der Akten führenden Stelle nur an Rechtsanwälte oder Rechtsbeistände vor. Das dient deren Arbeitserleichterung. Macht der Anwalt davon Gebrauch, kommt auch nur er als Kostenschuldner i.S. der §§ 28 Abs. 2 GKG, 107 Abs. 5 OWiG in Betracht.

In der Praxis kommt es vor, dass die Rechnung für die Aktenversendungsgebühr in Höhe von 12 EUR direkt an den Mandanten mit der Bitte weitergeleitet wird, er möge sie selbst ausgleichen. Dann taucht der Vorgang in der Buchhaltung des Anwalts nicht auf; umsatzsteuerlich korrekt ist dies nicht.