Semesterbeiträge fallen unter den Regelunterhalt

Semesterbeiträge sind aus dem Regelunterhalt der Studierenden zu finanzieren. Sie stellen nach Ansicht des OLG Düsseldorfs weder einen Mehrbedarf noch einen Sonderbedarf dar und können daher nicht getrennt vom Regelunterhalt eingefordert werden.

Das Kind studiert! Diese Nachricht lässt zunächst die Elternherzen höher schlagen bis sie sich darüber im Klaren werden, dass das Ganze auch etwas kostet. Denn der an die Kinder zu zahlende Regelunterhalt beinhaltet auch die Finanzierung einer Ausbildung. Einem Studenten war dies allerdings zu wenig und er verklagte seinen Vater auf zusätzliche Zahlung der Semesterbeiträge. Er war der Meinung, dass diese Beträge einen Mehrbedarf zum laufenden Unterhalt darstellen und daher auch gesondert finanziert werden müssen. Das OLG Düsseldorf wies die Klage des Studenten als unbegründet zurück.  

Der feine Unterschied – Semesterbeiträge und Studiengebühren

Nach mittlerweile einhelliger Rechtsprechung sind Studiengebühren, die von den einzelnen Bundesländern unterschiedlich festgelegt werden, nicht im Regelunterhalt enthalten und stellen somit einen Mehrbedarf (Düsseldorfer Tabelle, Anmerkung 9; OLG Koblenz, Urteil v. 23.12.2008, 11 UF 519/08). Dieser umfasst laufende, vorhersehbare zusätzliche Kosten, die das Übliche derart übersteigen, dass sie mit den Regelsätzen der Bedarfsbemessung nicht zu erfassen sind. Sie müssen von den Berechtigten gesondert eingefordert werden. Werden die Eltern nicht zur Zahlung aufgefordert und in Verzug gesetzt, verfällt der Anspruch für die Vergangenheit. Semesterbeiträge hingegen dienen allein dem Interesse der Studierenden, da hiermit Einrichtungen finanziert werden, die ihnen das Studentenleben erleichtern (z. B. Asta-Beitrag, Semesterticket). Sie übersteigen nicht die üblichen Kosten und sind dem normalen Lebensbedarf zuzurechnen. Nach Auffassung der OLG-Richter stellen Semesterbeiträge daher keinen Mehrbedarf dar.

Sonderbedarf ist zu verneinen

Semesterbeiträge fallen auch nicht unter einen Sonderbedarf. Denn dieser setzt voraus, dass es sich um einen unregelmäßigen und unvorhersehbaren Bedarf in außergewöhnlicher Höhe handeln muss, der bei im Rahmen der laufenden Unterhaltsregelung noch nicht berücksichtigt werden konnte. Die regelmäßig anfallenden Semesterbeiträge erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.5.2012, II 3 UF 97/12).

Hintergrund: Sonder- und Mehrbedarf

Die Sätze der Unterhaltstabellen umfassen den Elementarbedarf von minderjährigen Kindern. Daneben kann noch ein Mehrbedarf und/oder Sonderbedarf entstehen, der gesondert geltend gemacht werden muss.

Mehrbedarf

Der Mehrbedarf des Kindes ist ein während eines längeren Zeitraums regelmäßig anfallender Bedarf, der die üblichen Kosten übersteigt und deshalb in den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht erfasst ist. Es muss sich hierbei um andauernde Mehrausgaben handeln, die gemäß § 1610 Abs. 1 BGB zum Lebensbedarf gehören, z.B. Krankenversicherungsbeiträge, Kosten für die Unterbringung in einer Privatschule, Nachhilfeunterricht, Kosten eines Auslandsaufenthalts, für Sport- oder Musikunterricht bei entsprechender Begabung und krankheitsbedingte Mehrkosten bei Behinderung eines Kindes.

Der Mehrbedarf kann bedarfserhöhend angesetzt werden, wenn die Kosten verursachende Maßnahme sachlich begründet ist oder beide Elternteile mit den Mehrkosten einverstanden sind.

Der betreuende Elternteil kann Mehrbedarf für ein Kind nur dann geltend machen, wenn hierfür triftige Gründe vorliegen und die – anteiligen – Mehrkosten dem anderen Elternteil wirtschaftlich zumutbar sind. Der Mehrbedarf muss als Zuschlag zur monatlichen Unterhaltsrente geltend gemacht werden. Für regelmäßigen zusätzlichen Mehrbedarf haftet in der Regel allein der barunterhaltspflichtige Elternteil, wenn der betreuende Elternteil nicht leistungsfähig ist. Anderenfalls – je nach wirtschaftlichen Verhältnissen und einer Interessenabwägung – kann auch der betreuende Elternteil an den Kosten gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB zu beteiligen sein.

Sonderbedarf

Im Gegensatz zum Mehrbedarf kann Sonderbedarf nur wegen eines unregelmäßigen, außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangt werden. Es muss sich also um einen Bedarf handeln, der nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnte bzw. in den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten ist. Sonderbedarf ist somit eine Ausnahme und wird eher selten zugestanden, da der Unterhaltsberechtigte gehalten ist, Rücklagen für voraussehbare, zukünftig entstehende Kosten zu bilden. Wie bei Mehrbedarf haften die Eltern auch für den Sonderbedarf anteilig nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB.

Beispiele

Zum Sonderbedarf gehören z.B. unvorhergesehene Krankheitskosten, die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung, die Erstausstattung eines Säuglings oder die Anschaffung eines Behindertenfahrzeugs. Kosten einer Klassefahrt, Nachhilfestunden, Kosten der Kommunion, Konfirmation oder Klassenreisen werden in der Regel nicht als Sonderbedarf angesehen. Je kleiner die monatliche Unterhaltsrente ist, desto eher wird ein Anspruch auf Sonderbedarf in Betracht kommen, da bei geringen laufenden Unterhaltszahlungen eine Rücklagenbildung eher ausgeschlossen ist, als wenn regelmäßig monatlich großzügige Beträge zur Verfügung gestellt werden.

Unterhalt für volljährige Kinder

Sonder- und Mehrbedarf können auch beim Unterhalt für volljährige Kinder und beim Ehegattenunterhalt entstehen. Es gelten auch hier die oben genannten Kriterien, wonach der Mehrbedarf in andauernden Mehrausgaben besteht und der Sonderbedarf nur wegen eines unregelmäßigen, außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangt werden kann.

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