Folgen einer Scheidung für ein gemeinschaftliches Testament

Eheleute und Lebenspartner können gemeinschaftlich ein Testament errichten. Die am meisten verbreitete Variante ist das „Berliner Testament“. Doch welche Folgen hat es für die gemeinsam getroffene letztwillige Verfügung, wenn nicht der Tod, sondern der Familienrichter die beiden trennt - ist dann alles Makulatur?

Nicht schlecht gestaunt hat schon manche Witwe, wenn nach dem Trauerfall eine frühere Gattin des Verblichenen mit einem sie begünstigenden Ehevertrag „auftauchte“ und  Ansprüche auf das Erbe anmeldete.

Folgen der Scheidung

Mit der Scheidung verliert ein gemeinschaftlich errichtetes Testament  gem. §§ 2268 Abs. 1, 2077 BGB grundsätzlich seine Wirkung, da es in der Regel im Vertrauen auf den Bestand der Ehe gefertigt wurde. Das gleiche gilt, bei einem von einem der Testierenden wirksam gestellten Antrag auf Scheidung, wenn auch die übrigen Voraussetzungen für ein Scheidungsurteil zum Zeitpunkt des Todes vorlagen.

Anders sieht es aus, wenn trotz Scheidungsantrages die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung nicht erfüllt sind. Wichtigste Voraussetzungen sind die Zerrüttung der Ehe und der Ablauf des Trennungsjahres. Der Erblasser muss den Scheidungsantrag entweder selbst eingereicht haben oder er muss dem Antrag seines Ehepartners zugestimmt haben.

Auslegung des Testaments

Ausnahmsweise kann aber eine Auslegung des Testaments § 2268 Abs. 2 BGB  ergeben, dass die wechselseitigen Verfügungen über den Zeitpunkt der Ehescheidung hinauswirken sollen und damit bestandskräftig bleiben. Manchmal ist das der Fall, wenn es um gemeinsame Kinder geht.

Erneute gemeinsame Heirat nach Scheidung

Haben Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, lebt es aber nicht wieder auf, wenn sich die Beteiligten zunächst scheiden lassen und dann wieder heiraten (OLG Hamm, I-15 Wx 317/09, Urteil v. 26.08.2010). Die Scheidung führt zur Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments unabhängig davon, ob nach der Scheidung eine Wiederverheiratung erfolgt oder nicht. Von diesem Grundsatz kann auch in diesem Fall nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn sich im Wege der ergänzenden Auslegung (§ 2268 Abs. 2 BGB) feststellen lässt, dass die Eheleute die Wirksamkeit ihres Testaments auch für den Fall ihrer Scheidung gewollt haben.

Scheidungsfall  im Testament einbeziehen?

Ehegatten, die ein gemeinschaftliches Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen errichten wollen, können Formulierungen für den Fall der Scheidung aufnehmen und klarstellen, ob für den Fall der Scheidung wirklich das gesamte Testament unwirksam sein soll. Wenn sie bestimmen, dass einzelne, etwa die Kinder betreffende Verfügungen aufrecht erhalten bleiben sollen, nehmen sie sich allerdings die Möglichkeit, nach einer Scheidung durch ein Einzeltestament insoweit neue Regelungen zu treffen.

Auch in der Trennungsphase sollte man das Testament nicht vergessen

Auch wenn kein Testament vorhanden ist, gilt es in dieser Phase zu bedenken, dass der (Ex-)partner bis zu den oben genannten Terminen erbberechtigt bleibt. Man kann ihn, wenn es denn gewünscht ist, auf den Pflichtteil heruntersetzen. Eine vollständige Enterbung ist i.d.R. schwer möglich.

Vgl. zum Thema Erbrecht:

Verfügungen zu Lebzeiten entgegen den Testamentsbestimmungen

Mündliche Erklärungen des Erblassers über Vererbungsabsichten sind ohne Testament wertlos

Nicht ausreichend bestimmte Testamente sind nichtig

Folgen einer Scheidung für ein gemeinschaftliches Testament

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