Zusammenfassung

 
Begriff

Das allgemeine Schikaneverbot (§ 226 BGB) erklärt die Ausübung eines Rechts für unzulässig, wenn dies nur den Zweck hat, einem anderen Schaden zuzufügen. Im Bereich des Wohnungseigentumsrechts ist die Pflicht zur Rücksichtnahme insbesondere in § 14 WEG statuiert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das allgemeine Schikanegebot ist in § 226 BGB geregelt. Ausprägungen im Wohnungseigentumsrecht finden sich in § 14 WEG.

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 12.1.2017, 2-13 S 48/16: Die Wohnungseigentümer haben ein umfassendes Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen. Sie sind auch berechtigt, wiederholt Einsicht in die Unterlagen zu nehmen. Lediglich das Verbot des Rechtsmissbrauchs und das Schikaneverbot beschränken das Einsichtsrecht. Ein Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er gefasst wurde, ohne einem Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren.

1 Allgemeiner Rechtsgrundsatz

Die Ausübung und Durchsetzung von Rechten ist neben den allgemeinen Gesetzen auch durch die Rechte Dritter und Treu und Glauben beschränkt. Hierbei handelt es sich um eine allen Rechten, Rechtslagen und Normen immanente Inhaltsbegrenzung. Die gegen diese Regel[1] verstoßende Rechtsausübung ist als Rechtsüberschreitung rechtsmissbräuchlich und unzulässig. Da sich dies je nach Sach- und Rechtslage auch ändern kann, ist der maßgebende Beurteilungszeitpunkt die Geltendmachung des Rechts.

Unzulässig ist die Rechtsausübung u. a., wenn

  • die eigene Rechtsstellung unredlich erworben wurde;
  • eigene Pflichten verletzt werden;
  • ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt;
  • der Rechtsinhaber sich widersprüchlich verhält.
 
Hinweis

Rechtsausübung bringt Rechtsinhaber objektiv keinen Vorteil

Darüber hinaus ist die Rechtsausübung aus dem gleichen Rechtsgedanken heraus aber auch unzulässig, wenn sie nur dem Zweck dient, einem anderen Schaden zuzufügen. Dann ist sie auch unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung nicht mehr schützenswert. Dies setzt voraus, dass ein anderer Zweck als die Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen werden kann. Eine rein subjektiv verwerfliche Gesinnung reicht hierbei nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Rechtsausübung dem Rechtsinhaber objektiv keinen Vorteil bringen kann.[2] Besteht die Möglichkeit eines berechtigten Interesses, kann eine Schikane ausgeschlossen werden.

Eine Rechtsausübung ist beispielsweise unzulässig, wenn

  • der Vater seinen Kindern das Betreten seines Grundstücks verbietet, auf dem die Grabstelle der Mutter liegt[3];
  • die Witwe der Schwiegermutter verbietet, Blumen am Grab des Mannes (Sohnes) niederzulegen[4];
  • der Eigentümer, der der Allgemeinheit die Benutzung eines Grundstücksteils als Weg gestattet, einen Einzelnen ohne triftigen Grund hiervon ausschließt[5];
  • wegen 1,07 EUR Zinsen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangt wird[6].
[3] RG, Urteil v. 3.12.1909, Rep. II 190/09, RGZ 1972 S. 252.
[4] A. A. AG Grevenbroich, Urteil v. 15.12.1997, 11 C 335/97, NJW 1998 S. 2063.

2 Ausprägungen im Wohnungseigentumsrecht

Im Wohnungseigentum kann jeder Eigentümer mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, soweit nicht das Gesetz oder die Rechte Dritter entgegenstehen.[1] Hierbei kann er aufgrund des Gebots zur Rücksichtnahme von seinem Eigentum nur insoweit Gebrauch machen, als hierdurch weder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer noch den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist er dabei verpflichtet, die Beschlüsse, Vereinbarungen und die gesetzlichen Regelungen einzuhalten.[2] Weiter ist er gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.[3]

Gegenüber den anderen Wohnungseigentümern ist er verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus zu beeinträchtigen[4]

und das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

[5]

3 Einzelfälle

3.1 Rücksichtnahme gegenüber dem anderen Wohnungseigentümer

Der Wohnungseigentümer hat sich insgesamt rücksichtsvoll gegenüber den anderen Wohnungseigentümern zu verhalt...

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