Leitsatz

Verwaltungsunterlagen sind Bestandteil des gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögens

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1 WEG, § 666 BGB, § 675 BGB

 

Kommentar

1. Der Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen richtet sich einheitlich sowohl unmittelbar gegen den Verwalter (der diese Unterlagen "hinter sich hat"), wie auch mittelbar gegen die gesamte Eigentümergemeinschaft, welche die Einsicht in die Unterlagen beim Verwalter hinzunehmen verpflichtet ist. Es liegen hier nicht zwei unterschiedliche Ansprüche vor.

Eine gerichtliche Entscheidung ist hier auch für alle Beteiligten gem. § 45 Abs. 2 WEGbindend.

2. Ist ein solcher Antrag anhängig gemacht worden, als ein Wohnungseigentümer noch Antragsteller war, entfällt die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts nicht bei nachfolgender Veräußerung der Wohnung und Ausscheiden des Antragstellers aus der Gemeinschaft.

3. Der Anspruch auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen steht auch einem ausgeschiedenen Eigentümer zu und schließt gleichzeitig das Recht auf Duldung des Kopierens solcher Unterlagen ein. Hier muss sich ein Eigentümer (bzw. früherer Eigentümer) nicht handschriftliche Auszüge fertigen. Diese Ansprüche können individuell geltend gemacht werden (also ohne erforderlichen Ermächtigungs-Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft). Ein solches Einsichtsrecht steht vornehmlich in Zusammenhang mit der Prüfung der Jahresabrechnung und soll deren umfassende Kontrolle ermöglichen, ist aber nicht nur daraus herzuleiten.

Verwaltungsunterlagen sind Bestandteil des gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögens und erstrecken sich auch auf Einzelabrechnungen, die kontrollierbar sind; datenschutzrechtliche Bedenken bestehen hier nicht, da die Wohnungseigentümer zu einer Gemeinschaft verbunden sind und die Einsichtnahme der Zweckbestimmung des Gemeinschaftsverhältnisses, nämlich u.a. der Kontrolle des Verwalters entspricht (ebenso Bärmann/Pick/Merle § 28 Rn. 85). Ein besonderes Interesse an der Einsichtnahme muss ein einzelner Eigentümer nicht nachweisen; Grenzen sind lediglich die Grundsätze von Treu und Glauben sowie das Schikaneverbot. Das Recht auf Belegeinsicht wird auch weder durch Entlastungs- noch durch Abrechnungsgenehmigungs-Beschluss ausgeschlossen, da es weiterhin noch der Überwachung der Verwaltertätigkeit dient (h.M.).

4. Auch ein ausgeschiedener Eigentümer kann noch in einer Zahlungshaftung stehen (vgl. BGH, NJW 1996, 725). Somit kann ihm ein Interesse an der Einsichtnahme in Verwaltungs- und Abrechnungsunterlagen nicht abgesprochen werden. Er kann durch seine Einsichtnahme und Kontrolle u.U. auch einen Rechtsnachfolger über entdeckte Unregelmäßigkeiten unterrichten und diesen vielleicht in die Lage versetzen, die Gemeinschaft zur Geltendmachung von Regressansprüchen zu veranlassen, die zumindest mittelbar auch ihm zugute kommen könnten.

5. Für eine Gemeinschaft und auch einen Verwalter ist es auch nicht unzumutbar, einem ehemaligen Eigentümer wie bisher das Einsichtsrecht in den Büroräumen der Verwaltung zu gewähren; dagegen besteht kein Recht auf Einsichtnahme an neutralem Ort, weil die Verwalterunterlagen im Büro des Verwalters verbleiben müssen. Einsichtsrechte sind anzukündigen und führen auch zur Gestattung, sich (dort) Fotokopien zu fertigen.

6. Stellt ein Gericht gegen den Widerspruch eines Antragstellers die Erledigung der Hauptsache fest, ist dagegen das Rechtsmittel wie gegen die Abweisung der Hauptsache zulässig.

7. Die Gerichtskosten aller drei Instanzen wurden dem Verwaltungsvermögen auferlegt, Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angeordnet; der Geschäftswert III. Instanz wurde auf DM 2000,- festgesetzt.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 31.01.2000, 24 W 601/99)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Die Entscheidung bestätigt nochmals auch im Sinne der h.R.M. das Einsichtsrecht in Verwaltungsunterlagen als Individualanspruch eines jeden Eigentümers (grundsätzlich auch eines ausgeschiedenen Eigentümers), selbst im Falle bereits erfolgter Abrechnungsgenehmigung und Beschlussfassung. Diese Einsichtnahme hat allerdings grds. im Verwalterbüro zu erfolgen und schließt auch Kopieanfertigungsansprüche mit ein. Muss sich hierfür der Eigentümer des Kopiergeräts im Verwalterbüro bedienen, wird er allerdings die Kopiekosten pauschaliert zu bezahlen haben (ggf. über Vorkasse). Unter Berücksichtigung der Kopiekosten (Gerätevorhaltung, Personaleinsatz, Strom, Abnutzung, Papierkosten) halte ich für die ersten 30-50 Kopien einen Betrag von DM 1,- pro kopierter Seite, anschließend von DM 0,30 bis DM 0,50 für weitere Seiten als angemessenes Entgelt für eine Fremdnutzung eines solchen Gerätes (ähnlich der für Rechtsanwälte geltenden Gebührenerstattungs-Grundsätze). Ein Eigentümer hat hier nicht das Recht, umfangreiche Akten für gewisse Zeit ausgehändigt zu erhalten, um außerhalb des Büros Unterlagen einzusehen und sich Kopien zu fertigen; er kann auch sicher keine eidesstattliche Versicherung des Verwalters über die Vollständigkeit...

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