Gesetzeslage muss an Big-Data-Realität angepasst werden

Mit Big Data lassen sich in Echtzeit riesige Datenmengen zusammenführen, verknüpfen und auswerten – eine echte Herausforderung für den Datenschutz, zumal es sich oft um personenbezogene Daten handelt. Datenschutzexperte Thilo Weichert sieht zwar Probleme bei Big Data, er hält diese aber für beherrschbar.

Big Data ist längst im Alltag angekommen: Handelsketten nutzen Echtzeit-Daten, um Lagerhaltung und Logistikprozesse zu optimieren, selbst futuristische Lösungen zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung sind schon praxisreif.

Teilweise erinnern die bereits genutzten Möglichkeiten von Big Data an Science Fiction. So nutzt die Stadt Memphis ein Analyse-System (Blue Crush von IBM) zur Auswertung umfangreicher Echtzeit-Daten aus unterschiedlichen Quellen, um daraus die Wahrscheinlichkeit krimineller Handlungen an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten zu errechnen. Auf dieser Basis werden Präventivmaßnahmen wie eine erhöhte Polizei-Präsenz eingeleitet, wodurch die Kriminalitätsrate tatsächlich bereits um 30 Prozent verringert werden konnte.

Auch in vielen anderen Bereichen lassen sich Beispiele für Einsatzbereiche von Big Data finden:

  • Marketing: Unternehmen können neue Entwicklungen und Potenziale besser und frühzeitiger erkennen. Zugleich kann die Kundensegmentierung verbessert werden, um Streuverluste bei der Werbung zu minimieren.
  • Controlling: Durch die Analyse von Zahlungsvorgängen lassen sich Betrugsversuche frühzeitig erkennen und  im Rahmen des Controllings weitere Unternehmensrisiken oder Manipulationen identifizieren.
  • Logistik und Warenverteilung: Viele Prozesse lassen sich optimieren und so Kosten senken.
  • Energiewirtschaft: Intelligente Stromzähler (Smart Meter) erfassen Daten, um den Stromverbrauch besser verteilen und steuern und somit in Einklang mit der Stromproduktion bringen zu können.
  • Verkehr: Durch eine Echtzeit-Erfassung des Fahrverhaltens könnten verbesserte Verkehrsleitsysteme oder sogar autonom fahrende Fahrzeuge entwickelt werden.
  • Medizin: Aus per Sensoren erfasste Patientendatenkönnten individuelle Therapien entwickelt werden.

Datenschutzrisiken sind beherrschbar

Datenschutzexperten sehen diese Entwicklung mit einigen Bauchschmerzen - sind doch viele dieser Daten, die beispielsweise auch aus sozialen Netzwerken gewonnen werden, personenbezogen, wodurch letztlich der gläserne Konsument Realität würde. Dennoch sehen auch Datenschützer wie Thilo Weichert, Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig Holstein (ULD), das enorme Potential von Big Data, mahnen aber zur Verhinderung von Missbrauch die Anpassung der entsprechende Gesetze an die Realitäten an.

Rasche Umsetzung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung

In einem Interview des Fernsehsenders RTL vertrat Weichert die Auffassung, dass bereits jetzt alle wesentlichen Grundlagen vorhanden seien, um die Probleme von Big Data in den Griff zu bekommen, nur die Umsetzung lasse noch zu wünschen übrig. So müsse vor allem die Gesetzeslage der neuen Internetrealität angepasst werden. Ein wichtiger Schritt dabei sei eine rasche Verabschiedung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung, durch die dann auch für die großen amerikanischen Internetkonzerne das Marktortprinzip gelte und Sanktionen bei Datenschutzverstößen möglich würden.

Eine ausführliche Stellungnahme von Thilo Weichert zu " Big Data und Datenschutz" finden Sie auf der Website des ULD.

Schlagworte zum Thema:  Big Data, Datenschutz-Grundverordnung