Die Kündigung eines technischen Assistenten mit HIV-Infektion während der Probezeit war nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg rechtens. Der Mitarbeiter war in einem Pharmaunternehmen als chemisch-technischer Assistent bei der Herstellung von Medikamenten in einem «Reinbereich» eingesetzt.

Die Kündigung während der Probezeit sei nicht zu beanstanden, teilte das Gericht mit. Damit wurde die Klage des Mannes in zweiter Instanz abgewiesen.

Er hatte auch auf Entschädigung geklagt. Weil das Kündigungsschutzgesetz wegen der Probezeit nicht greife, komme es auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht an, so das Gericht.

 

Unternehmen stellte spezielle Anforderungen an die Gesundheit

Der Mann war in einem Pharmaunternehmen als chemisch-technischer Assistent bei der Herstellung von Medikamenten in einem «Reinbereich» eingesetzt. Die

  • Firma hatte festgelegt, dass dort Kräfte mit Erkrankungen jedweder Art
  • – besonders Arbeitnehmer mit einer Aids-Virus-Infektion (HIV) –
  • nicht beschäftigt werden dürfen.

Dem Assistenten wurde gekündigt, nachdem das Unternehmen von seiner Infektion erfahren hatte.

 

Gericht: Kündigung war nicht willkürlich

Die Kündigung sei nicht willkürlich und verstoße deshalb nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, hieß es im Urteil. Das Interesse der Firma, Beeinträchtigungen der Medikamentenherstellung durch erkrankte Arbeitnehmer auszuschließen, sei gerechtfertigt. Auch das Arbeitsgericht hatte schon so geurteilt.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.1.2012, 6 Sa 2159/11).

 

Praxishinweis zum Thema Aids und Kündigung:

Die Kündigung aidserkrankter Arbeitnehmer richtet sich nach den Grundsätzen der krankheitsbedingten Kündigung. Eine Kündigung ist also grds. erst dann berechtigt, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt häufig kurz oder über längere Zeiträume fehlt oder seine Leistung krankheitsbedingt gemindert oder völlig ausgeschlossen ist.

Die Frage, ob eine HIV-Infektion (ohne dass die Krankheit ausgebrochen ist) einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen kann, hat das BAG bisher noch nicht entschieden. Dies wird man grundsätzlich verneinen müssen, es sei denn, aus der Tätigkeit des Arbeitnehmers ergibt sich - wie im obigen Fall - eine Gefahr der Infektion anderer Arbeitnehmer oder Dritter (z. B. HIV-infizierte Krankenschwester).

Vor der Kündigung ist jedoch zu prüfen, ob eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ohne Infektionsgefahr für andere besteht (z. B. Einsatz der HIV-infizierten Krankenschwester in der Krankenhausverwaltung). U.U. kommen noch die Grundsätze einer Druckkündigung zur Anwendung, wenn sich die Arbeitskollegen des Infizierten weigern, mit ihm zusammenzuarbeiten.

 

Praxishinweis zum Thema Probezeit und Kündigung:

Soll während der Probezeit eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden, so muss die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer noch vor Ablauf der Probezeit zugehen, damit die kurze Frist der Probezeitkündigung greift. Es genügt nicht, wenn die Kündigungserklärung am letzten Tag der Probezeit abgeschickt wird, den Arbeitnehmer aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht. Unschädlich ist es hingegen, wenn der unter Hinzurechnung der Kündigungsfrist sich ergebende Beendigungszeitpunkt außerhalb der Probezeit liegt.

Während der Probezeit kann eine Kündigung ohne Grund erfolgen. Will der Arbeitgeber kündigen, so hat er den Betriebsrat nach § 102 BetrVG auch dann anzuhören, wenn die beabsichtigte Kündigung innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses, die als Probezeit vereinbart sind, ausgesprochen werden soll.