Personalmanagementkongress 2015: Der Tag der Personaler

Der Personalmanagementkongress 2015 stand dieses Jahr ganz im Zeichen der Digitalisierung der Arbeitswelt. Außerdem war natürlich der Führungswechsel im Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager (BPM), der den Kongress veranstaltet, am 18. und 19. Juni in Berlin ein zentrales Thema.

Die Mobilisierungskraft des BPM ist ungebrochen: Auch wenn das Kongressformat keine Neuerungen erkennen ließ, strömten 1.500 Personalmanager zum Jahresevent nach Berlin, der unter dem Leitmotto "Was ist, was kommt" stand. In den zahlreichen Foren und Plenumsveranstaltungen wurde über Employer Branding, Weiterbildung oder HR-Strategie diskutiert.

Doch als Hauptthema des Personalmanagementkongresses 2015 kristallisierte sich die Digitalisierung der Arbeitswelt heraus. Die Themenwelle der Digitalisierung, die zuvor schon die HR Alliance und die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) angeschoben hatten, erreichte damit die breite Masse der Personaler. Dr. Elke Eller, die neu gewählte Präsidentin des BPM, sieht in der Digitalisierung das entscheidende Zukunftsthema und kündigte an: "Das Personalmanagement muss die Digitalisierung der Arbeitswelt gestalten. Unseren nächsten Kongress werden wir deshalb unter den Titel Personalmanagement 4.0 stellen."

Inszenierung des Übergangs im Vorstand

Das Treffen in Berlin stand auch im Zeichen des Übergangs. Am Vorabend hatte die Mitgliederversammlung des BPM ein neues Präsidium gewählt, dessen Vorsitz Elke Eller, Personalvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge, übernahm. Joachim Sauer, der den Verband aufgebaut und maßgeblich geprägt hat, trat erwartungsgemäß ab. Die spannende Frage war deshalb "nur", wie der Verband diesen Einschnitt auf dem Kongress inszenieren würde.

Der BPM wie auch Sauer blieben dabei ihrer bisherigen Linie treu: Von keiner Seite gab es eine staatstragende Rede, in der die Verdienste von Sauer aufgezählt oder die Lage des Personalmanagements erörtert wurde. Vielmehr übergab Sauer zu Beginn des Kongresses den Stab an Eller unprätentiös, es dauerte weniger als fünf Minuten. Als Abschiedsworte formulierte Sauer, der von der Mitgliederversammlung zum Ehrenmitglied ernannt wurde, lakonisch: "Als Ehrenmitglied fühle ich mich wie der Hans-Dietrich Genscher des BPM". In dieser Pointe blitzen noch einmal die Fähigkeiten von Sauer auf, die seine Ära beim BGM prägten: Seine Unterhaltungskunst, seine Leichtigkeit, gepaart mit einem großen Selbstbewusstsein (Vergleich mit Genscher).

Für die Würdigung der Verdienste von Sauer wählte der BPM die Abendveranstaltung des Personalmanagementkongresses, die "Nacht der Personaler": Dort wurde ein Video mit Sauers öffentlichen Auftritten eingespielt. Highlight der Würdigung war der Auftritt von Olaf Scholz, Regierender Bürgermeister in Hamburg, der extra angereist war. In seiner Rede referierte Scholz, langjähriger Freund von Sauer, über die besondere Verantwortung des Personalmanagements für die Integration der Flüchtlinge und die Nachwuchssicherung.

Die neue Präsidentin war sich bewusst, wie schwer es wird, aus dem Schatten des Gründungspräsidenten herauszukommen. Ihre ersten Auftritte auf dem Kongress waren von Zurückhaltung und auch von etwas Nervosität geprägt. Doch im Laufe der Zeit gewann sie an Sicherheit und Statur. Es wurde erkennbar, wie sich der Verband mit ihr an der Spitze verändert: Während Sauer durch seine Zuspitzungen die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, pflegt Eller einen sachlichen und integrativen Führungsstil. "Ich bin keine Anhängerin des Mottos neue Besen kehren gut“, sagte sie und ergänzte: "Ich verstehe mich als Teamplayerin."

Meistbeklatschte Vorträge beim Personalmanagementkongress 2015

Der Kongress hatte mit einer Enttäuschung begonnen: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig musste ihre Präsenzpflicht im Bundestag einhalten und lies sich durch ihren Staatssekretär Ralf Kleindiek vertreten. Der trug zwar die Positionen des Ministeriums zu Frauenquote und Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor, positionierte sich als Personalchef des Ministeriums und trat öffentlich dem BPM bei. Aber er konnte das Publikum nicht begeistern.

Das gelang erst Sascha Lobo, der mit provokanten Thesen über die Arbeitswelt aufrüttelte. Die "Likes", die jemand in Facebook hinterlasse, hätten eine bessere Prognosekraft für den beruflichen Erfolg als die Beurteilung im Assessment Center, sagte Lobo und verwies auf die Studien von Donald Kluemper. Er beschrieb die "Datenbegeisterung" der Menschen, die keine Hemmung mehr hätten, selbst intime Daten ins Netz zu stellen – als Beleg dafür mussten Beispiele aus den USA herhalten. Sascha Lob sieht den "Plattform-Kapitalismus" kommen, der die die Arbeitswelt verändert. Eine Armada von Amateuranbietern werde neue Formen der Leiharbeit bringen und etablierte Berufe unter Druck setzen. Vorboten dafür seien Uber oder Amazon, die Taxifahrer beziehungsweise Paketzusteller über Nebenerwerbs-Selbstständige aushebelten. "Sie als Personalmanager müssen diesen Prozess gestalten, damit das nicht aus dem Ruder läuft", rief er dem Publikum zu.

Noch mehr Beifall als Lobo erhielt Viktor Mayer-Schönberger, Professor an der Universität Oxford. In seinem rhetorisch brillanten Vortrag analysierte er, wie exorbitant gegenwärtig die Datenmenge wächst, und wie Datensammeln zu einem Zweck an sich wird: Überall und zu jeder Zeit würden Daten erhoben werden, Forscher in Japan würden beispielsweise Hinterteile der Menschen ausmessen, um daraus einen Diebstahlschutz für Autos zu entwickeln. Google Glass werde aus dem Blick der Menschen eine neue Quelle für die Wertschöpfung, beispielsweise für die Werbeindustrie, generieren. Mit der "Datenfixierung der Welt" sieht Mayer-Schönberger den Niedergang der selbst ernannten Experten kommen. Daten würden den Unternehmen ermöglichen, bessere Entscheidungen zu treffen. Doch der Technikbegeisterte warnte zugleich vor den Gefahren, die aufkommen würden, wenn man seine Entscheidungen allein auf Daten gründete. "Die Daten sind nicht mehr als ein Schatten der Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst. Für die Herrschaft über die Daten brauchen wir unsere menschlichen Fähigkeiten."

Positive Botschaft: Für Big Data ist noch Zeit

In der Debatte über Big Data und Digitalisierung, die teilweise auch in den neun Panels lief, wurde viel über Chancen und Risiken gesprochen, konkrete Anwendungsbeispiele fehlten jedoch. Die gute Botschaft, die Personaler damit vom Personalmanagementkongress 2015 mitnehmen konnten:  Die Entwicklung steht erst am Anfang. Damit ist noch ausreichend Zeit zur Ausgestaltung vorhanden.

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