Rz. 23

Arbeitgeber stehen häufig vor der Wahl, ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder fristlos zu kündigen. Mit der fristlosen Kündigung kann das Arbeitsverhältnis zwar sofort beendet werden, sodass keine Vergütungspflicht mehr besteht, sofern sich die Kündigung als wirksam erweist. Andererseits sind offene Urlaubsansprüche dann in jedem Fall abzugelten, da der Abgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG unabhängig ist von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[1]

Zumindest bei kurzen Kündigungsfristen und offenen Urlaubsansprüchen lohnt sich daher meist der Ausspruch einer fristlosen Kündigung angesichts des mir ihr verbundenen Prozessrisikos nicht. Stattdessen greifen viele Arbeitgeber zu einer ordentlichen Kündigung und stellen den Arbeitnehmer unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und Ansprüchen auf Freizeitausgleich von der Arbeitsleistung frei (s. hierzu Rz. 13).

Ggf. sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass mit der Freistellung sowohl bereits entstandene, als auch noch entstehende Urlaubsansprüche[2] und sowohl der gesetzliche Mindesturlaub, als auch übergesetzlicher Urlaub abgegolten wird[3].

 

Rz. 24

Um dem Risiko zu begegnen, im Falle der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sowohl Annahmeverzug als auch Urlaubsabgeltung zahlen zu müssen, können Arbeitgeber dem BAG zufolge vorsorglich Urlaub bewilligen für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung vor Gericht nicht stand hält. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine eindeutige Erklärung zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub endgültig von der Arbeitsleistung befreit und das Urlaubsentgelt entweder vor Antritt des Urlaubs zahlt oder dessen Zahlung vorbehaltlos zusagt.[4] Zahlt der Arbeitgeber (aus seiner Sicht) Urlaubsabgeltung, bevor die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung feststeht, sollte er klarstellen, dass die Zahlung der Urlaubsabgeltung als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen ist, sofern sich die außerordentliche Kündigung als unwirksam erweist.

Gleiches dürfte im Übrigen gelten, wenn der Arbeitgeber ausschließlich fristlos kündigt ohne hilfsweise eine ordentliche Kündigung auszusprechen, da eine fristlose Kündigung in der Regel ohnehin in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden kann, wenn sie sich als unwirksam erweist (s. Rz. 14). Ferner dürfte die Lage nicht anders zu beurteilen sein, wenn der Arbeitgeber nur ordentlich kündigt. Auch hier kann er vorsorglich Urlaub bewilligen für den Fall, dass sich die ordentliche Kündigung als nicht wirksam erweist. Ob dies taktisch klug ist, weil ein solcher Hinweis den Arbeitnehmer womöglich ermutigt, Kündigungsschutzklage zu erheben, ist eine andere Frage.

 
Hinweis

In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber dies so formuliert: "Für den Fall der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gelte ich Ihren bis zum Kündigungszeitpunkt nicht genommenen Urlaub ab. Für den Fall der nicht anzunehmenden Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung habe ich Ihnen hilfsweise ordentlich gekündigt. In diesem Fall gilt Folgendes: Sie werden Ihren sämtlichen noch nicht genommenen Urlaub direkt im Anschluss an den Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung in der Zeit vom ... bis ... nehmen. Die gezahlte Abgeltung ist dann als Zahlung des Urlaubsentgelts für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. In jedem Fall sage ich Ihnen für die Zeit Ihres Urlaubs die Urlaubsvergütung vorbehaltlos zu." Dies hat das BAG gebilligt. Hieran können sich Arbeitgeber orientieren.

[1] BAG, Urteil v. 18.6.1980, 6 AZR 328/78, AP BUrlG § 13 Unabdingbarkeit Nr. 6; eine Ausnahme bildete nach deutschem Recht lange Zeit der Tod eines Arbeitnehmers (s. BAG, Urteil v. 12.3.2013, 9 AZR 532/11, NZA 2013, 678, 679). Da diese Rechtsfolge dem EuGH zufolge jedoch gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG verstieße, ist nun in richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 4 BUrlG auch im Falle des Todes des Arbeitnehmers offener Urlaub abzugelten; der Anspruch geht auf die Erben über (BAG, Urteil v. 22.1.2019, 9 AZR 45/16, NZA 2019, 2046 Rz. 9 ff.).
[2] s. BAG, Urteil v. 17.5.2011, 9 AZR 189/10, NZA 2011, 1032, 1034 ff.
[4] BAG, Urteil v. 20.8.2020, 9 AZR 612/19, NZA 2020, 1633 Rz. 15 ff.

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