Personalentwicklung: Low Performer: Entwicklung oder Trennung?

Personaler und Führungskräfte investieren oft viel Zeit und Geld in die Förderung von Low Performern. Doch wie lange lohnt es sich, daran festzuhalten, und wann ist eine Trennung oder Versetzung sinnvoller? Ben MacKenzie und Thomas Saller haben eine Checkliste für diese Entscheidung zusammengestellt.

In der aktuellen Ausgabe der Wirtschaft + Weiterbildung erläutern die beiden Trainer und Berater MacKenzie und Saller anhand eines realen Fallbeispiels, wie sich Personaler und Führungskräfte darüber klar werden können, ob sich die Förderung eines Mitarbeiters oder einer Führungskraft weiterhin lohnt – oder ob Versetzung, Rückstufung oder Trennung sinnvoller sind.

In ihre Entscheidung sollten die Personalverantwortlichen so verschiedene Faktoren wie die Geschäftssituation, mögliche Leidensträger und auch die menschliche Komponente einbeziehen. Diese haben MacKenzie und Saller in einer Checkliste zusammengestellt, die Personalern und Führungskräften einige Leitfragen an die Hand gibt.

Faktor 1: Geschäftssituation

  • Wie ist aktuell die Geschäftssituation in meinem Bereich?
  • Wie viel Zeit und Budget kann ich investieren?
  • Verkraftet mein Geschäft Ausfälle oder Minderleistung über eine gewisse Periode?

In großen Unternehmen mit stabiler positiver wirtschaftlicher Entwicklung lässt sich die Entscheidung für längere Entwicklungsprozesse eher treffen als in kleinen Firmen und in Branchen, die stark von Wettbewerb geprägt sind.

Faktor 2: Führungsspanne

  • Wie viele Mitarbeiter führe ich insgesamt?
  • Wie viel Zeit bleibt mir noch für die Führung anderer Mitarbeiter, wenn einer von ihnen viele Ressourcen bindet?
  • Reicht die Zeit aus, um den anderen gerecht zu werden?

Eine positive Entscheidung kann eher getroffen werden, wenn die Führungskraft ein kleines, stabiles Team mit hoher Kohäsion führt, dessen andere Mitglieder sehr reif sind und somit weniger Aufmerksamkeit benötigen.

Faktor 3: Entwicklungsfortschritt

  • Wie motiviert ist der Mitarbeiter, sich zu entwickeln?
  • Welche Fortschritte hat er bereits gemacht?
  • Sind diese Fortschritte vielversprechend genug, um weitere Ressourcen zu investieren?

Als Faustregel sollten innerhalb von zwei bis vier Wochen objektiv und von Dritten beobachtbare Verhaltensänderungen in zumindest einem der Bereiche erkennbar sein.

Faktor 4: Leidensträger

  • Wer leidet unter der aktuellen Situation?
  • Ist diese Situation über eine gewisse Zeit tragbar?

Ein wichtiger Grund, sich gegen lange Entwicklungsprozesse zu entscheiden, ist, dass externe Partner (Kunden, Investoren) unter der Situation leiden. Doch auch interne Kollegen sollten nicht übermäßig belastet werden, da auch hier Probleme entstehen können (Burnout, Kündigung).

Faktor 5: Positionsbewertung

  • Wie wichtig ist die Position des Mitarbeiters strategisch?
  • Wie werden sich die Bedeutung der Position und die Anforderungen an den Positionsinhaber entwickeln?
  • Inwiefern traue ich dem jetzigen Stelleninhaber die Anpassung an künftige Herausforderungen zu?

In wichtigen Positionen sollte der Mitarbeiter das Potenzial mitbringen, auch künftige Herausforderungen zu meistern.

Faktor 6: Spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten

  • Besitzt der Mitarbeiter bestimmte Fähigkeiten oder spezifisches Wissen, das schwer zu ersetzen ist?
  • Gibt es Teilbereiche, in denen er besondere Stärken hat?
  • Besitzt der Mitarbeiter spezifische Fähigkeiten oder Wissen, das für eine andere Position besser geeignet ist?

Ist das Wissen des Mitarbeiters schwer zu ersetzen, lohnt es sich, länger in die Entwicklung zu investieren. Der Blick auf seine Stärken kann neue Richtungen bezüglich seiner Entwicklung oder einer Anpassung der Stelle aufzeigen.

Faktor 7: Alternativen

  • Welche Möglichkeiten zur Neubesetzung gibt es?

Je mehr qualifizierte Bewerber es gibt, desto eher kann neu besetzt werden. Lassen Position oder Branche dies nicht zu, muss länger in die Entwicklung investiert werden.

Faktor 8: Kosten

  • Welche finanziellen Belastungen entstehen durch umfangreiche Personalentwicklung (Ausfälle von Arbeitszeit, Kosten für Coaching und Training sowie Kosten für Fehlentscheidungen des Mitarbeiters)?
  • Welche finanziellen Belastungen entstehen durch eine Neubesetzung der Stelle (Abfindung, Kosten für die Nachbesetzung, entgangene Umsätze in der "Karenzzeit")?

Die Trainer empfehlen, nur dann zu kündigen, wenn die Kosten für die weitere Entwicklung bedeutend höher sind als jene für eine Neubesetzung – denn eine gelungene Entwicklung kann alle Beteiligten stark motivieren. Zudem kann eine Kündigung das Image des Arbeitgebers beschädigen.

Faktor 9: Menschliche Komponente

  • Was wünscht sich der Mitarbeiter? Gefällt ihm die Stelle, möchte er sie behalten? Gäbe es Alternativen für ihn?
  • Was bedeuten ihm Personalentwicklung und aktuelle Position, was eine Herabstufung oder Versetzung?
  • Tut man dem Mitarbeiter mit der Personalentwicklung einen Gefallen, wenn grundlegende Fähigkeiten fehlen?

Empfehlenswert ist es hier, in einem intensiven, ruhigen Gespräch zu eruieren, ob der Mitarbeiter sich in der aktuellen Rolle wohlfühlt und ob es gesichtswahrende Alternativen gibt.

Hinweis: Den kompletten Beitrag "Fördern oder trennen? Wann Personalentwicklung lohnt" mit einem realen Fallbeispiel aus der Praxis lesen Sie in Ausgabe 04/2015 der Wirtschaft + Weiterbildung.