"Immunity to Change": Coaching-Ansatz für Veränderungen

Ein neuer Coaching-Ansatz aus den USA, der von den Harvard-Entwicklungspsychologen Bob Kegan und Lisa Lahey entwickelt wurde, soll Veränderungen erleichtern. Wie dieser "Immunity to Change"- Ansatz funktioniert, erklärt Johannes Willms, der als erster deutscher Coach danach zertifiziert wurde.

Haufe Online Redaktion: Es gibt schon viele Coaching-Ansätze – was leistet "Immunity to Change" im Vergleich zu anderen?

Johannes Willms: Die meisten Ansätze zielen darauf ab, das Verhalten des Coachees zu ändern. Andere versuchen Veränderung zu erreichen, indem man etwas Anderes denkt. "Immunity to Change"-Coaching verbindet Denken und Handeln. Es hilft Ziele zu erreichen, indem es die Gedanken identifiziert, die uns daran hindern unser Verhalten zu ändern. Es bewegt sich an der Verbindung von Denken und Handeln. Manchmal schafft man ja eine Verhaltensveränderung - hat aber dafür ein schlechtes Gewissen, dann ist die Veränderung oft nicht stabil.

Haufe Online Redaktion: Warum fallen diese Veränderungen so schwer?

Willms: Der "Immunity to Change"-Ansatz geht davon aus, dass es analog zum physischen Immunsystem auch ein psychisches Immunsystem gibt. Dieses psychische Immunsystem schottet uns vor Veränderungen ab, die uns schaden – leider aber auch vor solchen, die gut für uns sind. Das physische Immunsystem schützt uns zum Beispiel durch Allergien vor Blütenpollen, obwohl diese an sich nicht gefährlich sind. Das gleiche gilt für das psychische Immunsystem: Wenn jemand zum Beispiel abnehmen will, kann es sein, dass das psychische Immunsystem die Verhaltensveränderung blockiert, erst unmerklich - später offensichtlich. Deshalb schaffen wir die Veränderung nicht. Hier setzt das "Immunity to Change"- Coaching an.

Haufe Online Redaktion: Wie funktioniert das Coaching im Einzelnen?

Willms: Zunächst analysieren wir mit dem Coachee das psychische Immunsystem. Wir versuchen die Gründe herauszufinden, warum Veränderung nicht gelingt. Dabei identifizieren wir einschränkende Grundannahmen. Um Informationen über diese Grundannahme zu bekommen, führen wir praktische Tests durch. Der Coachee kann dann im Alltag erkennen, wie seine Grundannahme in verschiedenen Situationen wirken. Das ist ein sehr wissenschaftliches Vorgehen: Man macht Versuche, um Informationen zu sammeln. Wir sammeln Informationen über die Grundannahmen, wir prüfen sie objektiv. Diese Informationen führen dazu, dass die einschränkenden Grundannahmen verschwinden – sie schmelzen wie Butter in der Sonne.

Haufe Online Redaktion: Können Sie dafür ein Beispiel aus Ihrer Coaching-Praxis nennen?

Willms: Eine Führungskraft kam zu mir, weil sie das Feedback bekommen hatte, dass sie ihre Mitarbeiter nicht gut behandelte. Im Gespräch haben wir herausgefunden, warum das so war: Der Coachee war oft unter Druck und hatte deshalb nicht die Geduld dazu, einen anständigen Umgang mit seinem Team zu pflegen. Wir haben das folgende Veränderungsziel für die Führungskraft herausgearbeitet und formuliert: "Ich möchte meine Ziele mit weniger Druck erreichen". Dann haben wir analysiert, was die Führungskraft von ihrem Ziel abhielt. In dem Fall spielte eine einschränkende Grundannahme eine Rolle, durch die sie sich selber und ihre Mitarbeiter unter Druck setzte: "Wenn ich mich nicht immer beeile, kommen mir die Anderen zuvor".

Haufe Online Redaktion: ...so eine Annahme kann ja durchaus der Realität entsprechen...

Willms: Stimmt. Für den Coachee ist es ja auch Realität. Daher machen wir objektive Tests um genau zu prüfen, was daran stimmt und was nicht. Dadurch kommt die Konstruktion der Realität in Bewegung und dadurch auch ganz natürlich das Verhalten des Coachees. Meistens ergibt sich eine viel umfassendere Veränderung, als man zunächst denkt.

Johannes Willms ist Coach bei Willms Coaching.

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