Wie viele Liter Zahnpasta werden in Deutschland pro Jahr verbraucht? Wenn Bewerber darauf antworten müssen, hat der Personaler einen "Brainteaser" im Interview eingebaut. Doch nur wer sich gründlich mit den Antworten auseinandersetzt, kann auch Rückschlüsse auf die Fähigkeiten des Bewerbers ziehen.

Das Wort "Brainteaser" kann man etwas unelegant mit "Hirnkitzler" übersetzen. Die Knobeleien erinnern an Textaufgaben aus dem Mathematikunterricht. Alltagswissen, Logik, Analysefähigkeit, Problemlösungsorientierung und Kreativität werden herausgefordert. In der deutschen Sprache beschreibt "Denksportaufgabe" am besten, was dahintersteckt. Mit einer konzentrierten, eigenständigen und nicht zuletzt leicht spielerischen Herangehensweise kommt man bei den Aufgaben am weitesten. Dabei ist sehr oft der Weg die Lösung. Denn niemand kann zum Beispiel wirklich korrekt sagen, wie viele Rentiere der Weihnachtsmann in Deutschland einsetzen muss, um alle Kinder zu beschenken.

Wieder einmal ein Trend aus den Vereinigten Staaten

In den USA werden "Brainteaser" schon seit Jahrzehnten in Bewerbungsgesprächen eingesetzt. Deutsche Unternehmen holen auf. 2003 hat Brainteaser-Sammler Stefan Menden, Gründer und Geschäftsführer der Squeaker.net GmbH in Köln, einem Spezialisten für branchenspezifische Bewerbungsratgeber mit Onlinekarrierenetzwerk, erste Übungsaufgaben veröffentlicht, die auf dem Bewerbermarkt hierzulande eine Rolle spielen (siehe Beispiele in unserer Bilderserie). "Heute kann man davon ausgehen", sagt Menden, "dass bei Investmentbanken in jedem zehnten Gespräch ein Brainteaser vorkommt."

Logik und Kreativität lassen sich testen

Doch wie sinnvoll sind diese Brainteaser für die Personalarbeit - zwecks Eignungsdiagnostik - wirklich? Je nachdem, was die Tester vorher festlegen, könnten sie "Brainteaser" als einen Indikator für die Analysefähigkeit nutzen – oder für die Kreativität, wenn sie anders gestaltet seien, so Martin Kersting, Professor für psychologische Diagnostik an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Um die Antworten auch valide zu bewerten, bedarf es aber vorab festgelegter Skalen. Für den Fall, dass man zum Beispiel mit der Frage "Wie schwer ist Gießen?" analytische Fähigkeiten testen will, schlägt Kersting beispielsweise folgende verhaltensverankerte Beurteilungsskalen vor:
Der Kandidat

  • hat die Aufgabenstellung offensichtlich verstanden.
  • lässt sich auf die Frage ein.
  • erkennt und benennt den Kern der Frage.
  • zerlegt die Frage in eine oder mehrere lösbare Komponenten.
  • arbeitet die Frage systematisch ab.
  • zerlegt die Frage in sinnvolle Teilfragen.
  • ordnet die Informationen sachlogisch korrekt.
  • bezieht vorhandene Daten und Fakten richtig ein oder kommuniziert seine notwendigen Annahmen.
  • trifft realistische Annahmen.
  • lässt seinen Lösungsweg nachvollziehbar werden.
  • arbeitet die einzelnen Schritte effizient ab.
  • rechnet richtig.

Den Überraschungscoup im Einstellungsgespräch vermeiden

Der Psychologe hat noch einen wichtigen Tipp für Personaler: Konfrontiert man Bewerber mit "Brainteasern, sollten sie keinesfalls als stressiger Überraschungscoup an den Schluss, sondern in die mittlere Phase des Gesprächs gestellt und "sozialverträglich", etwa mit dem Zusatz "Erlauben Sie mir eine ungewöhnliche Frage" angekündigt werden. "Zum Ende eines Sofa-Vorstellungsgesprächs mit einer Knallerfrage zu kommen, das richtet sich gegen den Fragenden", urteilt Martin Kersting – und warnt vor Akzeptanzproblemen, die Firmen sich bei Bewerbern einhandeln und die sich übers Web rasch verbreiten.

(Auszug aus dem Artikel "Der Logik auf der Spur" von Ruth Lemmer, Personalmagazin 7/2012.)

Hier geht's zur Bilderserie "Brainteaser: Beispielaufgaben"