Der Verwalter ist als Zustellungsbevollmächtigter der Wohnungseigentümer nur ausgeschlossen, wenn die konkrete Gefahr besteht, er werde die Eigentümer nicht sachgerecht informieren. Das ist nicht allein schon dann der Fall, wenn es in dem Verfahren um die Verwalterbestellung geht.

Hintergrund

In einer Eigentümerversammlung im Mai 2009 fassten die Mitglieder einer WEG mehrere Beschlüsse. Unter anderem bestellten sie einen neuen Verwalter. Einige Eigentümer erhoben gegen die Beschlüsse über die Jahresabrechnung, die Bestellung neuer Verwaltungsbeiräte und die Bestellung des neuen Verwalters Anfechtungsklage.

Das Amtsgericht stellte die Anfechtungsklage dem neuen Verwalter zu. Der BGH hatte zu entscheiden, ob den beklagten Eigentümern die Klage wirksam über den Verwalter zugestellt worden ist oder ob der Verwalter wegen einer Interessenkollision als Zustellungsvertreter ausgeschlossen war.

Entscheidung

Die Klage konnte über den Verwalter wirksam zugestellt werden.

Nach § 45 Abs. 1 WEG ist der Verwalter Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer, wenn diese Beklagte sind. Eine Ausnahme gilt nur, wenn er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder auf Grund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, er werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten.

Umstritten ist, ob für einen Ausschluss des Verwalters als Zustellungsvertreter die abstrakte Gefahr nicht sachgerechter Unterrichtung ausreicht oder ob die Zustellungsvollmacht nur bei einer konkreten Interessengefährdung entfällt.

Nach Meinung des BGH ist der Verwalter nur bei einer konkreten Gefahr, dass er die Eigentümer nicht richtig unterrichten werde, als Zustellungsvertreter ausgeschlossen. Mit der grundsätzlichen Zustellungsbevollmächtigung des Verwalters für die Wohnungseigentümer wollte der Gesetzgeber den mit Zustellungen verbundenen Aufwand für das Gericht und auch die zulasten der WEG entstehenden Kosten gering halten. Die rein formale Beurteilung der Frage eines Interessenkonflikts abstrakt anhand des Verfahrensgegenstandes liefe dem angestrebten Vereinfachungs- und Kostenentlastungseffekt zuwider.

Sie hätte zudem die wenig praxisnahe Folge, dass die Wohnungseigentümer einen Ersatzzustellungsvertreter bestellen müssten, selbst wenn aufgrund eines ungestörten Vertrauensverhältnisses sichergestellt ist, dass der Verwalter sie über den Verlauf eines gegen sie anhängigen Verfahrens ordnungsgemäß unterrichten wird.

Um die Informationsrechte der Eigentümer zu wahren, genügt es, den Verwalter nur dann als Zustellungsvertreter auszuschließen, wenn konkret ein Konflikt zwischen den Interessen des Verwalters und den übrigen von ihm vertretenen Wohnungseigentümern auftritt. Solange hingegen für das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über die Durchführung der Zustellung keine in der Sache begründeten Umstände ersichtlich sind, die konkret die Gefahr einer nicht sachgerechten Information der Wohnungseigentümer rechtfertigen, ist der Verwalter tauglicher Zustellungsvertreter.

Danach war die Zustellungsberechtigung des Verwalters im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen. Allein der Umstand, dass Gegenstand des Verfahrens die Beschlussfassung über die Bestellung des Verwalters ist und der Streitgegenstand somit auch dessen Rechtsstellung betrifft, begründet für sich genommen nicht die konkrete Gefahr, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer über das anhängige Verfahren nicht sachgerecht unterrichten.

(BGH, Urteil v. 9.3.2012, V ZR 170/11)