BGH Wohnberechtigter kann keine Mieterlöse verlangen

Ein dingliches Wohnungsrecht gibt dem Berechtigten nicht die Befugnis, die Räume zu vermieten, wenn er sein Recht nicht ausüben kann. Vermietet der Eigentümer seinerseits die Räume, muss dieser daher die Mieterlöse nicht an den Wohnrechtsinhaber auskehren.

Hintergrund

Die Inhaberin eines dinglichen Wohnungsrechts verlangt von der Eigentümerin der betroffenen Räume die Auszahlung von Mieterlösen.

Die Wohnberechtigte hatte das Eigentum an ihrem Haus nebst Gehöft und Ställen im Jahr 1995 auf den Ehemann der jetzigen Eigentümerin übertragen. Im Gegenzug ließ sie sich ein Wohnungsrecht an den Räumen im Erdgeschoss, die Zahlung einer monatlichen Rente und die Übernahme von Pflege- und Unterstützungspflichten einräumen. Das Wohnungsrecht und eine Reallast wurden in das Grundbuch eingetragen. Der Ehemann der Eigentümerin übertrug das Grundstück im Jahr 2002 unentgeltlich an diese.

Seit 2006 lebt die Wohnrechtsinhaberin, die schwer pflegeberdürftig ist, in einem Pflegeheim. Seit Februar 2008 hat die Eigentümerin die vom Wohnungsrecht umfassten Räume zu einer Miete von monatlich 250 Euro vermietet. Die Wohnberechtigte verlangt Auszahlung der Mieterlöse für den Zeitraum Februar 2008 bis März 2010.

Entscheidung

Der BGH weist die Klage ab. Die Wohnrechtsinhaberin kann keine Auszahlung der Mieten verlangen, die die Eigentümerin durch die Vermietung der vom Wohnrecht umfassten Räume erzielt hat.

Der Anspruch ist aber nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil das Wohnrecht erloschen ist. Es besteht vielmehr fort, obwohl die Wohnberechtigte es wegen ihres Gesundheitszustands nicht mehr ausüben kann. Das Erlöschen eines auf Lebenszeit eingeräumten Wohnungsrechts kommt vor dem Tod des Berechtigten nur ausnahmsweise in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Die Eigentümerin muss die vereinnahmten Mieten nicht unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung herausgeben. Sie hätte nur dann etwas auf Kosten der Wohnungsberechtigten erlangt, wenn letztere ihrerseits berechtigt gewesen wäre, die Räume zu vermieten. Hieran fehlt es, denn das Wohnungsrecht gibt dem Berechtigten nur die Befugnis, die Räume zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen. Darin unterscheidet sich das Wohnungsrecht vom Nießbrauch, der ein umfassendes Nutzungsrecht einschließlich des Rechts zur Vermietung gibt. Es liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, nach denen die Eigentümerin verpflichtet wäre, der Wohnungsberechtigten eine Vermietung zu gestatten.

Auch aus anderen Rechtsgrundlagen ergibt sich kein Anspruch der Wohnungsberechtigten, die Auszahlung der Mieterlöse zu verlangen.

Im Ergebnis sind weder Eigentümerin noch Wohnungsberechtigte berechtigt, die Räume zu vermieten, ebenso ist die Eigentümerin nicht befugt, die Räume zu nutzen. Da die Wohnungsberechtigte nicht zur Nutzung in der Lage ist, können die Räume letztlich überhaupt nicht genutzt werden. Das mag wirtschaftlich unbefriedigend erscheinen. Es ist aber Folge der Bestellung eines auf die persönliche Ausübung beschränkten lebenslangen Wohnungsrechts. Bei dieser Sachlage kann das Betreuungsgericht im Einzelfall sogar eine Aufgabe des Wohnungsrechts durch den Betreuer des Wohnberechtigten genehmigen.

(BGH, Urteil v. 13.7.2012, V ZR 206/11)

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