Keine Miete, ein vollgestopfter Briefkasten und eine dunkle Wohnung: Das sind meist die unheilvollen Vorboten für einen verschwundenen Mieter.

Eine Vermieterin aus Wiesbaden machte kurzen Prozess: Sie warf dem verschwundenen Mieter die fristlose Kündigung in den Briefkasten. Als sich der Mieter nicht rührte, öffnete sie einen Monat später die Wohnung und entsorgte einen großen Teil seiner Wohnungseinrichtung. Den Rest lagerte sie bei sich ein.

Als der Mieter wieder auftauchte, wollte er von der Vermieterin 62.000 EUR Schadenersatz plus Gutachterkosten haben, weil sie seine Sachen entfernt, beschädigt oder verschmutzt hatte.

"Das ist unerlaubte Selbsthilfe", urteilte der BGH (Urteil v. 14.7.2010, VIII ZR 45/09). Und das, obwohl der Vermieter gekündigt hatte und dem Mieter kein Besitzrecht mehr zustand.

Dennoch müssen Sie bei einem verschwundenen Mieter - notfalls per öffentlicher Zustellung - eine Räumungsklage einreichen. Greift der Vermieter stattdessen zur verbotenen Selbsthilfe, muss er auch für den daraus entstehenden Schaden aufkommen.

Wer ohne einen solchen Räumungstitel die Mieterwohnung leer räumt, den trifft eine Obhutspflicht über die ausgeräumten Gegenstände. Dazu gehört, dass Sie eine Bestandsliste aufstellen und darin auch den Wert der Gegenstände im Einzelnen festhalten.

Weil ein Wiesbadener Vermieter das versäumte, steckt er nun in einer misslichen Beweisnot! Kann er nicht beweisen, dass der Schaden tatsächlich geringer ist als die vom Mieter behaupteten 62.000 Euro, wird das Gericht notfalls eine Mindestschätzung durchführen. Das jedenfalls hat der Bundesgerichtshof dem Landgericht in seinem Urteil aufgetragen.

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