Wollen die Mitglieder einer WEG den Umlageschlüssel für Betriebs- und Verwaltungskosten ändern, muss das transparent gestaltet werden. Es reicht nicht, einer Abrechnung oder einem Wirtschaftsplan einfach den neuen Schlüssel zugrundezulegen. Rückwirkend kann der Umlageschlüssel in der Regel nicht geändert werden.

Hintergrund

In einer Eigentümerversammlung am 7.7.2007 haben die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung 2006 durch Beschluss genehmigt. Darin werden die Positionen Instandhaltungsrücklage, Hausmeister, Sach- und Haftpflichtversicherung und Verwalterhonorar nach einem anderen Schlüssel verteilt, als dies in der Teilungserklärung vorgesehen ist.

Ferner haben die Eigentümer den Wirtschaftsplan 2007 beschlossen. Auch hier sind für diese Positionen andere Verteilerschlüssel vorgesehen als die Teilungserklärung vorschreibt. Der Wirtschaftsplan soll rückwirkend ab Januar 2007 gelten und seine Gültigkeit behalten, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen werde.

Ein Wohnungseigentümer hat die Beschlüsse angefochten. Der BGH hatte zu klären, ob die Eigentümer wirksam eine von der Teilungserklärung abweichende Kostenverteilung beschlossen haben.


Entscheidung

Der BGH gibt der Anfechtungsklage statt.

Abrechnung 2006

Die Abrechnung 2006, die auf einem von der Teilungserklärung vorgegebenen Abrechnungsschlüssel beruht, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Zwar können die Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 3 WEG den Umlageschlüssel von Betriebs- und Verwaltungskosten durch Mehrheitsbeschluss ändern. Diese Beschlusskompetenz umfasst auch rückwirkende Änderungen.

Eine rückwirkende Änderung entspricht aber in der Regel nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Ein Wohnungseigentümer kann darauf vertrauen, dass die bis zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden (bisherigen) Schlüssel umgelegt werden. Nur im Ausnahmefall (z. B. wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt) kann eine rückwirkende Änderung erfolgen.


Wirtschaftsplan 2007

Auch der Wirtschaftsplan entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

a) Instandhaltungsrücklage

Soweit der Wirtschaftsplan für die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage einen anderen Verteilerschlüssel als die Teilungserklärung vorsieht, ist der Beschluss nichtig. Die Wohnungseigentümer haben keine Beschlusskompetenz, diesen Verteilerschlüssel zu ändern.

b) Betriebs- und Verwaltungskosten

Bezüglich der Betriebs- und Verwaltungskosten haben die Eigentümer zwar die Beschlusskompetenz, die Verteilung zu ändern. Dennoch widerspricht der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Der neue, von der Teilungserklärung abweichende Schlüssel liegt dem Wirtschaftsplan nämlich nur zugrunde. Aus dem Beschluss geht aber nicht ausdrücklich hervor, dass der von der Teilungserklärung vorgegebene Schlüssel geändert worden ist.

Das führt zur Anfechtbarkeit der Neuregelung, denn derart weitreichende Änderungen müssen transparent gestaltet werden. Die Neuregelung des Kostenverteilungsschlüssels muss so gestaltet werden, dass sie einem verständigen und unbefangenen Leser bei der Durchsicht der Beschluss-Sammlung ohne weiteres auffallen muss.

(BGH, Urteil v. 9.7.2010, V ZR 202/09)

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