BGH: Ausnahmsweise kann unvollständige Zahlung Kündigung heilen

Eine fristlose Kündigung wegen Mietrückständen wird grundsätzlich nur durch vollständige Zahlung der Rückstände innerhalb der Schonfrist unwirksam. Bleibt ein geringer Teilbetrag offen, kann dies ausnahmsweise unbeachtlich sein.

Hintergrund

Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom Mieter nach einer fristlosen Kündigung die Räumung. Die monatliche Miete beträgt inklusive Betriebskostenvorauszahlung 378 Euro.

Im März 2010 zahlte der Mieter einen Teilbetrag von 143,88 Euro nicht. Seit Oktober 2012 zahlt das Jobcenter die Mieten direkt an die Vermieterin. Für November und Dezember 2012 unterblieb die Überweisung versehentlich. Der Mieter erfuhr hiervon erst durch eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung am 6.12.2012.

In der am 23.12.2012 erhobenen Räumungsklage erklärte die Vermieterin nochmals die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen der Mietrückstände von März 2010 sowie November und Dezember 2012.

Mitte Januar 2013 überwies das Jobcenter die Mieten für November 2012 bis Januar 2013. Der Mieter selbst zahlte Ende Januar auf den Rückstand von März 2010 einen Teilbetrag von 100 Euro, sodass noch 43,88 Euro offen blieben.

Entscheidung

Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigungen nicht beendet.

Bei der ersten Kündigung befand sich der Mieter in einem unverschuldeten Tatsachenirrtum, denn er wusste nicht, dass das Jobcenter entgegen des einige Monate zuvor erlassenen Bescheids die angekündigte Direktzahlung versäumt hatte. Dies steht einem Verzugseintritt entgegen. Der verbleibende Verzug mit dem offenen Rest aus dem März 2010 rechtfertigte keine Kündigung.

Ob sich der Mieter bei Ausspruch der zweiten Kündigung noch im Tatsachenirrtum befand, ist unerheblich. Jedenfalls ist die fristlose Kündigung dadurch unwirksam geworden, dass die Rückstände bis auf einen geringen Betrag von 43,88 Euro innerhalb der Schonfrist nachgezahlt wurden.

Zwar fordert § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine vollständige Zahlung innerhalb der Schonfrist damit die Kündigung unwirksam wird. Hier ist es aber im Hinblick auf die außergewöhnlichen Umstände ausnahmsweise geboten, den verbleibenden Rückstand mit Rücksicht auf Treu und Glauben außer Betracht zu lassen. Denn der noch nicht vollständig beglichene Rückstand betraf einen nur geringen Teilbetrag aus einem weit zurückliegenden Zeitraum. Die übrigen Rückstände waren weit vor Ende der erst am 20.4.2013 ablaufenden Schonfrist durch die Zahlungen des Jobcenters Mitte Januar und des Mieter Ende Januar getilgt. Auch sonst waren die Umstände der zunächst ausgebliebenen Zahlung des Jobcenters außergewöhnlich.

(BGH, Beschluss v. 17.2.2015, VIII ZR 236/14)

Weitere News zum Thema Kündigung:

BGH: Nur vollständige Zahlung kann Kündigung wegen Mietrückstand kippen

BGH: Unvollständige Nachzahlung verhindert Kündigung nicht

BGH: Vermieter kann bei Zahlungsverzug schneller ordentlich als fristlos kündigen

BGH: Fristlose Kündigung bei Nichtzahlung von erhöhter Miete

BGH: Kündigung auch bei unverschuldeter Geldnot zulässig

Schlagworte zum Thema:  Kündigung, Fristlose Kündigung, Jobcenter, Mietrecht