Instandhaltungsrücklage: Zugriff nur bei genauer Ermächtigung

Die Wohnungseigentümer können den Verwalter ermächtigen, auf die Instandhaltungsrücklage zuzugreifen, um einen Liquiditätsengpass zu überbrücken. Die Modalitäten der Ermächtigung müssen aber genau geregelt sein.

Hintergrund

Wohnungseigentümer hatten in einer Eigentümerversammlung beschlossen, dass es dem Verwalter erlaubt sein soll, bei Liquiditätsengpässen bis zur Höhe von 10.000 Euro kurzfristig auf die Instandhaltungsrücklage zurückzugreifen. Die Instandhaltungsrücklage hatte bei Beschlussfassung einen Stand von 180.000 Euro.

Ein Wohnungseigentümer meint, der Beschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen den Beschluss.

Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Beschluss entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er zu weit gefasst ist.

Grundsätzlich widerspricht es der Zweckbestimmung einer Instandhaltungsrücklage, wenn diese für andere Maßnahmen, etwa zum Ausgleich von Wohngeldausfällen, verwendet wird. Die Instandhaltungsrücklage hat den gesetzlichen Zweck, notwendige größere Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums zu sichern.

Eigentümer können Entnahmen aus der Rücklage beschließen

Über Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage kann aber die Eigentümerversammlung mit Mehrheit beschließen. Dabei liegt ein Beschluss, eine Instandhaltungsrücklage wieder aufzulösen, nur dann im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dies nicht dazu führt, dass die gebotene Sicherheit unterschritten wird. Deshalb widerspricht es in der Regel ordnungsgemäßer Verwaltung, die Instandhaltungsrücklage vollständig oder bis auf einen unbedeutenden Rest aufzulösen. Der Grundsatz der Zweckbindung der Rücklage erfordert den Verblieb einer „eisernen Reserve“.

Welche Reserve verbleiben muss und inwieweit Mittel, die in der Instandhaltungsrückstellung gebunden sind, für andere Zwecke verwendet werden können, kann nicht abstrakt festgelegt werden. Es kommt im Einzelfall auf den Zustand, das Alter und die Reparaturanfälligkeit der Anlage an sowie die Höhe der vorhandenen Rücklage und die Aussichten, Rückstände einzutreiben und die Rücklage wieder aufzufüllen.

Beschluss lässt Mindestrücklage und Zeitraum außer acht

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der hier angefochtene Beschluss zu unbestimmt. Es ist nicht festgelegt, welcher Betrag als Instandhaltungsrücklage erforderlich ist und nicht angegriffen werden darf. Zudem ist der Begriff „kurzfristig“ nicht definiert. Bei der Beurteilung des Beschlusses spielt es keine Rolle, dass die Entnahme von 10.000 Euro bei einem Bestand von 180.000 Euro im konkreten Fall unbedenklich sein dürfte. Denn die von den Wohnungseigentümern beschlossene Ermächtigung erlaubt dem Verwalter auch, unter ganz anderen wirtschaftlichen Umständen auf die Rücklage zuzugreifen, unter denen ein Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage nach den geschilderten Grundsätzen nicht mehr gestattet wäre.

(LG Frankfurt/Main, Urteil v. 16.7.2014, 2-13 S 91/13)

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