Definition von Kennzahlen und KPI im Controlling

Kennzahlen sind das zentrale Werkzeug im Controlling. In seiner Definition differenziert Dr. Klaus Eiselmayer nach Kennzahlen und KPIs. Er erläutert den Unterschied und erklärt, was eine "gute" Kennzahl charakterisiert.

Kennzahlen sind aus dem Leben der Controller nicht wegzudenken. Manch einer behauptet, sie seien Segen und Fluch zugleich. Wie definieren Sie eigentlich Kennzahlen und wodurch heben sich die sog. Key Performance Indicators (KPIs) ab?
Klaus Eiselmayer:
„What get’s measured gets done“ bzw. „you can’t manage, what you can’t measure“ lautet eine Managementweisheit. Das wichtigste Kriterium ist für mich die Messbarkeit. Das ist nicht immer einfach und ab und an gilt es, sich zu behelfen. Kann ich die Kundenzufriedenheit nicht ermitteln, werde ich z. B. auf die Retourenquote oder die Anzahl der Kundenbesuche zurückgreifen.
Ein Unternehmen erfüllt eine Aufgabe (Mission: besten Service liefern) und trachtet danach, ein Ziel (Vision: weltweite Nr. 1 werden) zu erreichen. Der nächste Konkretisierungsschritt für die Mission sind die Strategien (Entwicklung, Mitarbeiterqualifizierung, Mitarbeiterteilhabe, ...). Die KPIs messen hier die Erreichung der strategischen Ziele, (Umsatzwachstum, Marktanteilsentwicklung, Kundenzufriedenheit), während normale Kennzahlen die operative Performance ausdrücken.

Was macht eigentlich eine gute Kennzahl aus?
Klaus Eiselmayer: Eine gute Kennzahl zieht Maßnahmen nach sich. Wird beispielsweise eine Kennzahl Personalfluktuation berichtet und zeigt den Wert 5 % an, dann lautet meine Frage: „Welche Maßnahme soll diese Zahl nun auslösen?“ Lautet die Antwort, dass diese Zahl nur berichtet wird, weil man sie eben hat, ist das nicht ausreichend. Eine gute Kennzahl warnt mich, veranlasst mich, etwas zu verstärken, zu unterlassen oder zu korrigieren, d. h., sie liefert einen Steuerungsimpuls! Daraus ergibt sich ein weiteres Kriterium, nämlich gute Kennzahlen müssen nahe am operativen Geschäft messen und den Menschen mit wenig Zeitverzögerung Rückmeldung geben über Effizienz und Zielkonformität.

Was sind für Sie die wichtigsten Kennzahlen für ein Unternehmen? Gibt es Kennzahlen, die jeder braucht?
Klaus Eiselmayer: Als CA Akademie stellen wir uns regelmäßig die Frage nach dem richtigen WEG. Wachstum, Entwicklung und Gewinn sind 3 Größen, auf die wir achten.
Das „G“ steht für ein nachhaltiges Ergebnis im Bereich Finanzen. Bei einem NPO (Not for Profit Organisation) wird das Ziel die ausgeglichene Null sein, bei ÖPNV-Betrieben eine geplante Kostenunterdeckung. Der Normalfall ist die angemessene Rentabilität, ausreichend Liquidität und eine stabile Finanzierung.

Das „W“ achtet auf den Lebenszyklus von Produkten oder Dienstleistungen, Kundengruppen und Regionen. Um eine Organisation dauerhaft auslasten zu können, ist eine langfristige Absatzperspektive notwendig. Auf den bestehenden Märkten gilt es, den Marktanteil zumindest zu halten, besser: auszubauen. Das geht über das Gewinnen zusätzlicher Kunden oder das Steigern des Lieferanteils (Durchdringung) bei bestehenden Abnehmern. Der regionalen Ausdehnung kommt heute eine größere Bedeutung zu, da die Wachstumsmärkte sich außerhalb Europas und der USA befinden.
Das „E“ steht für die Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, der Organisation, Mitarbeitern und Führungskräften. Hier wird der Grundstein gelegt für die langfristige Überlebensfähigkeit einer Organisation. Wenn bestehende Produkte und Dienstleistungen ihren Ertragshöhepunkt überschritten haben, müssen Nachfolger schon in den Startlöchern stehen. Hier lässt sich messen, welcher Ergebnisanteil erzielt wird mit Produkten, die neu (z. B. nicht älter als 4 Jahre) sind. Bei Prozessen wird man sich hinsichtlich Schnelligkeit und Kosteneffizienz einem Benchmarking stellen. Mitarbeiter sollten ihre Kompetenzen ausbauen, um künftige Herausforderungen motiviert annehmen zu können. Kennzahlen zur ökologischen Nachhaltigkeit (Green Controlling), z. B. Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoß, dürfen an dieser Stelle nicht fehlen.

Ein Teil des möglichen Gewinns muss also „geopfert“ werden für die Weiterentwicklung und Vorfinanzierung in den Bereichen „W“ und „E“, entsprechend der strategischen Planung.

Was ist aus Ihrer Sicht eine sinnvolle Herangehensweise für Controller bei der Auswahl von Unternehmenskennzahlen?
Klaus Eiselmayer:
Bestandteil 1 heißt für mich, das bestehende operative Geschäft ausgewogen abzubilden und somit die Effizienz abzusichern. Teil 2 geht weiter und beschäftigt sich mit der Vision, dem Streben zu neuen Ufern. Damit dieser Weg konsequent gegangen werden kann, gehört er mit Kennzahlen als Wegmarken gesäumt. Hier kommen dann die Key Performance Indicators wieder ins Spiel.

Was sind ganz typische Fehler oder Missverständnisse im Umgang mit Kennzahlen, die Ihnen in Ihrer Berater- und Trainer-Praxis immer wieder begegnen?
Klaus Eiselmayer: Viele Kennzahlen messen einseitig. Die Rendite (RoI, ROCE) ist eine aussagefähige Kennzahl, kann aber kurzfristig manipuliert werden. Wenn ich auf (Re-)Investitionen verzichte und FuE und Werbung zurückfahre, würde meine Bilanzsumme sinken und gleichzeitig der Gewinn steigen. Kurzfristig hätte ich die Rendite verbessert, meine Zukunft wäre aber in Gefahr. Eine Kennzahl alleine liefert kein ausreichendes Bild und kann somit ein Fehlverhalten befördern.