KPI-Studie 2013: Daseinsberechtigung von Kennzahlen

Vier von zehn Topentscheidern sind unzufrieden mit dem Management Reporting in ihrem Unternehmen. So lautet das Fazit einer Studie der Unternehmensberatung Horváth & Partners. Sie erwarten von den Controllern Interpretationen statt Zahlen. Auch die Effizienz ist Anlass für Kritik.

Topentscheider erwarten Entscheidungsunterstützung statt Vergangenheitsanalyse
Die Unzufriedenheit mit dem Berichtswesen liegt nach Einschätzung der Befragten (142 Unternehmen unterschiedlicher Größenklassen und Branchen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz) überwiegend in einer mangelnden Steuerungsrelevanz und im hohen Ressourceneinsatz.

In 75 % der Fälle liefert das Reporting überwiegend vergangenheitsbezogene Daten und zeigt Abweichungen lediglich im Rückblick. Jedoch ist die Zeit des Controllers als reiner „Zahlenlieferant“ vorbei. Zur Wahrnehmung der „neuen“ Rolle als „Business Partner“ müssen Berichte mit Interpretationen und Kommentierungen die Entscheidungsfindung des Top Managements unterstützen und erleichtern.

Die Ursachen der Unzufriedenheit zeigen gleichzeitig Handlungsbedarfe zur Verbesserung von Effektivität und Effizienz des Reportings auf. Hierzu zählen laut der Horváth-Studie insbesondere:

  • der Ausbau des Zukunftsbezugs (70 % nur eingeschränkt oder unzufrieden),
  • die Verbesserung der IT-Unterstützung (69 %),
  • die Reduktion des Aufwands (69 %),
  • der Ausbau der Kommentierung (61 %) und
  • die Stärkung der Steuerungsrelevanz (55 %).

„Losgelöste Einzelkennzahlen“: Effektivität leidet unter fehlenden Treibermodellen
Deutlichen Verbesserungsbedarf sehen die befragten Unternehmen in der Optimierung der Entscheidungsrelevanz der Informationen. Voraussetzung für ein effektives Reporting ist ein gut ausgebautes Kennzahlensystem. Dies sollte die Besonderheiten des Unternehmens umfassend abbilden und möglichst konsistent für alle Unternehmensbereiche eingesetzt werden. Moderne Kennzahlensysteme tragen dazu bei, das Reporting auf die wesentlichen Inhalte zu reduzieren, erlauben eine schnelle durchgängige Analyse von Abweichungen und ermöglichen den Einsatz effizienter Planungs- und Forecasting-Ansätze.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Kennzahlensteuerung nicht fokussiert ist. Nur einem Drittel der Studienteilnehmer gelingt es, sich auf maximal acht Schlüsselgrößen zu konzentrieren. Um dies zu erreichen, werden stringente Vorgehensweisen und systematische Kriterien zur Auswahl der tatsächlich relevanten Größen benötigt. Hier können zum Beispiel Treibermodelle eingesetzt werden, so dass die steuerungsrelevanten Kennzahlen aus den für das individuelle Geschäftsmodell relevanten Werttreibern abgeleitet werden. Anstatt von Kennzahlensystemen mit Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen den Kennzahlen, geben 55 % der Studienteilnehmer an lediglich mit einem „Set von eher losgelösten Einzelkennzahlen“ zu steuern.

Anteil der „Non-Financials“ noch zu niedrig
Ebenso problematisch ist, dass die große Mehrheit der Kennzahlensysteme noch immer finanziell dominiert wird (70 % der Kennzahlen). Nicht finanzielle Kennzahlen und externe Kennzahlen, welche  tendenziell eine frühere Erkennung von Abweichungen ermöglichen, machen in Summe nur etwas mehr als ein Drittel der eingesetzten Kennzahlen aus. Dieser Anteil sollte erhöht werden um einen besseren Blick in die Zukunft zu ermöglichen.

Individuelles Geschäftsmodell wird nicht berücksichtigt – Kennzahlen meist GuV-orientiert
Die Effektivität beziehungsweise die Steuerungsrelevanz  leidet zumeist auch unter Standardkennzahlen, welche das Geschäftsmodell und damit die DNA des Unternehmens nicht richtig abbilden. In 80 % der Unternehmen wird jedoch lediglich das Kosten- und Erlösmodell (als die finanziellen Komponenten des Geschäftsmodells) durch die Kennzahlen (voll) umfänglich abgebildet. Jedoch sind Unternehmen individuell verschieden und müssen daher individuell gesteuert werden. Die tatschlichen Treiber der Individualität wie unterschiedliche Kundensegmente, Vertriebskanäle, Schlüsselaktivitäten und -ressourcen sowie Kundenbeziehungen werden im Durchschnitt bei weniger als der Hälfte der Unternehmen ausreichend durch die eingesetzten Kennzahlen abgebildet.

Automatisierung und Standardisierung soll Kapazitäten für inhaltliche Bewertung freisetzen
Da das Reporting einen erheblichen Ressourcenanteil des Controllings bindet, ist eine hohe Effizienz im Reporting essentiell. Hier besteht die Herausforderung heute darin, die Controller so einzusetzen, dass sie eine möglichst große Unterstützung für das Management sind. Auch im Sinne des Business-Partner-Gedankens planen nahezu alle Unternehmen in den nächsten drei Jahren eine Verlagerung der Ressourcen von der Datenaufbereitung hin zur Interpretation und Kommentierung der Inhalte. Voraussetzung wäre eine effizientere Gestaltung der Reportingprozesse mit Fokus auf

  • die schnellere und automatisierte Bereitstellung der Daten,
  • die standardisierte und automatisierte Berichterstellung nach definierten Templates und
  • die verbesserte IT-Integration des Kommentierungsprozesses.

Nur ein Viertel der Unternehmen hat heute bereits ein Shared Service Center für Teile des Reportingprozesses im Einsatz. Weitere 15 % der befragten Unternehmen planen derzeit den Aufbau einer solchen „Reporting Factory“.

Zukunftsthemen: Mobiler, flexibler, zukunftsorientierter
Die Studie zeigt zahlreiche Handlungsfelder auf, mit denen sich das Management Reporting in den nächsten drei Jahren auseinandersetzen muss. Dabei muss das Reporting sich immer neuen Gegebenheiten anpassen.

  • Reporting wird zunehmend mobil: Jedes zehnte Unternehmen überträgt Berichte bereits heute auf mobile Endgeräte wie z.°B. das iPad. Während derzeit noch häufig statische Berichte (bspw. PDF) auf den Tablets zur Verfügung gestellt werden, arbeitet etwa ein Viertel der Unternehmen an einer „Mobile-Reporting-Strategie“, um zu ermitteln, wie Informationen interaktiv und kommentierungsfähig auf den Endgeräten bereitgestellt werden können.
  • Reporting muss flexibler werden: Die immer häufiger und in kürzer werdenden Intervallen auftretenden organisatorischen Veränderungen in Unternehmen erfordern ein neues Maß an Flexibilität im Reporting, damit diese Änderungen möglichst schnell und aufwandsarm abgebildet werden können.
  • Zukunftsbezug erhöhen: Der Zukunftsbezug des Reportings muss weiter gesteigert werden. Ergebnisse von Simulationen und Früherkennung, Prognose und Forecast müssen häufiger und mit besserer Qualität in das Reporting integriert werden, um die Entscheidungsrelevanz und den Mehrwert für den Empfänger zu steigern.
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