Keine Frage des Geldes sondern der Einstellung

Dass eine Umweltstation einen Umweltpreis bekommt, ist auf den ersten Blick nicht verwunderlich. Wenn sie diesen allerdings für den Umweltschutz im Büro erhält, scheint es sich wirklich um ein nachhaltiges und ganzheitliches Konzept zu handeln. Die Haufe-Arbeitsschutz-Redaktion sprach mit Geschäftsführerin Ulrike Schaefer von der Umweltstation Lias-Grube über die preiswürdigen Ideen für einen umweltfreundlichen Büroalltag.

Frau Schaefer, das Umweltzentrum ist unter ökologischen Aspekten mit Naturmaterialien gebaut worden. Wie passt das mit moderner Bürotechnik zusammen?

Ökologische Bauweise heißt nicht öko. Unsere Gebäude sehen chic und hipp aus. Man sieht ihnen ihre Bauweise nicht an. Auch unsere Bürotechnik und die Möbel sind „grün“ und ergonomisch. Ein Schreiner aus der Region hat unsere Einrichtung aus heimischen Hölzern hergestellt. Die Multiplexplatten sind aus Birke, die Holzstühle stapelbar, leicht und modern. Und unsere ergonomischen Bürostühle haben einen Bezug aus Naturgewebe. Das fühlt sich gut an. Außerdem sind die Reinigungsprodukte, die bei uns im Haus verwendet werden, auf ökologischer Basis.

Wir arbeiten mit Computern wie andere auch. Insgesamt sind es 11 Mitarbeiter hier in der Umweltstation. Außer unserem Gärtner sitzen wir alle regelmäßig in einem der 6 Büroräume, die mit 10 PC-Arbeitsplätzen ausgestattet sind. Da wir Laptops nutzen und diese leider hohe Strahlenwerte haben, gibt es an jedem Arbeitsplatz eine Dockingstation und einen strahlungsarmen Bildschirm. Auf W-LAN haben wir verzichtet, unsere Geräte sind verkabelt.

Zudem haben wir einen separaten Raum, in dem der Server und ein Drucker stehen. Wir haben momentan noch weitere Drucker in den Büros, wollen aber auf einen zentralen umstellen. Die Belastungen durch einen Drucker durch Lärm oder Ozon braucht man nicht direkt am Arbeitsplatz.

Und was konkret heißt Umweltschutz im Büroalltag: Briefe auf Recyclingpapier, lösungsmittelfreier Kleber und sonst?

Es gilt die Devise: wenig Plastik und wenig Müll. Alle Schriftstücke werden bei uns auf Recyclingpapier gedruckt, ob Briefe, Flyer oder Broschüren. Die Werbe- und Infomaterialien lassen wir in einer Druckerei vor Ort mit umweltfreundlichen Druckfarben herstellen.

Unsere alten Computer geben wir in eine Behindertenwerkstätte im Landkreis. Dort werden die Geräte repariert, aufgerüstet und weiterverkauft. Wir sind zudem Sammelstation für alte Handys, die wir entweder dem fachgerechten Recycling oder dem Wiederverkauf zuführen.

Natürlich müssen wir manchmal Kompromisse eingehen. Nicht alles gibt es auf dem Land zu kaufen. Dann bestellen wir übers Internet bei ökologischen Versandhändlern. Das bedeutet auch, dass die Lieferung in Recycling-Boxen, die von der Post wieder mitgenommen werden, bei uns ankommt. Und bei der Auswahl achten wir darauf, dass die Produkte später sortenrein recycelt werden können.

Wer hat das Umweltkonzept für das Büro entwickelt?

Das Konzept wurde von mir entwickelt. Ich bin Biologin und Baubiologin. Als Geschäftsführerin und mit meinem Fachwissen habe ich schon die Baumaßnahmen der Umweltstation geleitet und nun führe ich den Betrieb.

Verständnis für Umwelt und Umweltschutz entsteht vor allem durch Bildung. Wir schulen regelmäßig alle Mitarbeiter. Da wir ökologische Freiwilligendienstler haben, ist bei uns immer wieder Thema: Warum, wieso und wie muss ich etwas machen, damit es einen ökologischen Sinn hat? Wenn ich beispielsweise zu jemandem sage, er soll Farbe besorgen, muss er wissen, wo er das Produkt bekommen kann und worauf er zu achten hat. Sonst kann es passieren, dass er mit einem herkömmlichen Lack voller Schadstoffe zurückkommt. Man muss sich also auch darum kümmern, ob alles richtig verstanden und umgesetzt wird.

Wie profitieren Mitarbeiter vom gelebten Umweltschutz im Büro?

Am ökologisch und ergonomisch ausgestatteten Arbeitsplatz riecht nichts nach Chemie, es hängen keine Schadstoffe in der Luft. Die Materialien, selbst das Papier, fühlen sich gut an. An so einem Arbeitsplatz fühlt man sich wohl, kommt gerne zur Arbeit und ist motiviert.

Eine unserer Mitarbeiterinnen war früher Vorstandsekretärin in einem anderen Unternehmen. Als sie unsere Büros das erste Mal betrat, sagte sie: "Hier möchte ich arbeiten." Als sie bei uns anfing, musste sie sich zunächst umstellen. Sie war es gewohnt, alles auszudrucken und abzuheften. Wir verwalten hier alles elektronisch und papierfrei, außer den Belegen fürs Finanzamt. Und bei uns wird alles Papier sozusagen dreimal recycelt, denn wir bedrucken unser Recyclingpapier vorne und hinten. Heute ist das auch für sie selbstverständlich.

Welche Entwicklung sehen Sie beim Thema Umweltschutz?

Das papierlose Büro bedeutet etwas mehr Nachhaltigkeit bei Schriftstücken. Doch das ist nur ein Aspekt von Umweltschutz im Büro. Da ist noch viel „Luft nach oben“, etwa bei Möbeln oder Bürogeräten.

Gerade fängt ein Boom zu „grünen“ Produkten an und ist weltweit zu spüren. Ich war vor 6 Wochen in New York. Dort gibt es z. B. immer mehr Fahrradwege. Gerade die Jüngeren bis etwa 40–45 Jahre sind bereit, für ökologische Produkte mehr auszugeben, ob für Kleidung, Lebensmittel oder coole Fahrräder. Umweltbewusst zu sein ist der neue Lifestyle.

Die Umweltstation liegt landschaftlich traumhaft und bietet eine optimale Ausgangsposition für Umweltschutzmaßnahmen rundum. Können Sie Ihr Konzept auch für Großstadtbüros empfehlen?

Außer unserer tollen Landschaft lässt sich alles – ob Gebäude, Technik oder Ausstattung – genauso auch in einer Stadt verwirklichen. Das Leben in der Stadt hat aus ökologischer Sicht sogar Vorteile gegenüber dem Landleben. Das öffentliche Verkehrsnetz ist viel besser ausgebaut. Viele Wege können mit dem Rad oder Roller erledigt werden oder man kann sogar zu Fuß auf die Post, zur Bank oder zum Amt gehen. 

Für mich ist es selbstverständlich, umweltfreundlich zu leben. Wir fühlen uns damit rundum wohl. Und es ist nicht teurer, es ist nur eine Einstellungssache.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schaefer.

Das Interview führte Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin.